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1. Leitgedanken zum Kompetenzerwerb

1.1 Bildungswert der modernen Fremdsprachen

In einer modernen und globalisierten Welt, die von zunehmender Mobilität und Vernetzung geprägt ist, stellen Fremdsprachenkenntnisse eine wichtige Grundlage für den internationalen Dialog dar. Sie befähigen den Einzelnen, sich in interkulturellen Kontexten angemessen zu bewegen. Indem sich Schülerinnen und Schüler mit sprachlicher und kultureller Vielfalt auseinandersetzen, erwerben sie interkulturelle Handlungskompetenz, die sie in die Lage versetzt, mit Individuen und Gruppen anderer Kulturen angemessen und respektvoll zu interagieren. Bei der Begegnung mit einer anderen Sprache wird der Einzelne mit einer neuen, ihm zunächst ungewohnten sprachlichen Ordnung der Welt konfrontiert. Er lernt diese neue Ordnung als andere mögliche Interpretation von Welt kennen und respektieren. Damit unterstützt der Fremdsprachenunterricht in besonderem Maße die Entwicklung von Toleranz und Akzeptanz von Vielfalt und trägt zu einem friedlichen Zusammenleben in der Welt bei. In einer international geprägten Wirtschafts- und Arbeitswelt stellen Fremdsprachenkenntnisse außerdem eine wichtige Voraussetzung dar, um angemessen auf dem globalen Markt zu agieren.

Ziel eines modernen Fremdsprachenunterrichts ist es deshalb, Schülerinnen und Schüler zu befähigen, sich in der Fremdsprache sicher zu bewegen und sich dabei zunehmend flüssig und differenziert auszudrücken. Fremdsprachen zu lernen heißt, in fremde Welten einzutauchen und diese in steigendem Maße zu verstehen. Sie ermöglichen es den Lernenden, Wissen über fremde Denkmuster und Handlungsweisen zu erwerben und diese mit den eigenen zu vergleichen. Die Schülerinnen und Schüler können so deren kulturelle und gegebenenfalls auch historische Bedingtheit verstehen, Verständnis und Respekt für das Fremde entwickeln und Missverständnisse vermeiden.

Soziokulturelles Wissen im Zusammenspiel mit interkultureller und funktionaler kommunikativer Kompetenz versetzt die Schülerinnen und Schüler in die Lage, künftig Auslandsaufenthalte und internationale Begegnungen im Rahmen von Ausbildung, Studium und Beruf sowie im Privatleben gezielt und informiert in die Wege zu leiten und erfolgreich zu bewältigen. Hier leisten die modernen Fremdsprachen einen Beitrag zur beruflichen Orientierung der Schülerinnen und Schüler.

Am Gymnasium erwirbt jede Schülerin und jeder Schüler Kompetenzen in mindestens zwei Fremdsprachen. Der Vergleich von Unterschieden und Gemeinsamkeiten fördert die Einsicht in generelle sprachliche Strukturmuster und das Verständnis von Sprache als System. Die Kenntnis von Strukturen verschiedener Sprachen sowie von Strategien und Methoden des Spracherwerbs fördert darüber hinaus das Lernen weiterer Fremdsprachen jenseits der schulischen Ausbildung. Nachdenken über Sprache schult die Fähigkeit, Handlungsweisen, komplexere Sachverhalte, theoretische Erkenntnisse, Denkmuster und Wertvorstellungen zu durchdringen und in einen interkulturellen Zusammenhang zu stellen.

1.2 Kompetenzen

In den vorliegenden Bildungsplänen für die modernen Fremdsprachen ist die Ausbildung der interkulturellen kommunikativen Kompetenz das übergeordnete Ziel des Fremdsprachenlernens. Der Gemeinsame europäische Referenzrahmen (GeR) der Sprachen von 2001 sieht in dieser interkulturellen Handlungsfähigkeit in unterschiedlichen Sprachen den Kern seines Mehrsprachigkeitskonzepts. Er definiert für alle Sprachen gültige Kriterien und Niveaus, nach denen die Sprachbeherrschung von Lernenden eingestuft werden kann. Daran orientiert sich der Kompetenzaufbau über die verschiedenen Klassen in den vorliegenden Bildungsplänen für die modernen Fremdsprachen. Die in den Bildungsplänen beschriebenen Kompetenzen entsprechen den Vorgaben der „Bildungsstandards für die fortgeführte Fremdsprache (Englisch/Französisch) für die Allgemeine Hochschulreife“ der Kultusministerkonferenz (KMK) von 2012, die zu einer Vereinheitlichung der Anforderungen über die Bundesländergrenzen hinweg führen sollen.

Zusammenspiel der Kompetenzbereiche (© Landesinstitut für Schulentwicklung)
Zusammenspiel der Kompetenzbereiche

Das Schaubild verdeutlicht, dass die Kompetenzen, wie sie nacheinander in den vorliegenden Bildungsplänen aufgeführt sind, keine isoliert zu beherrschenden Einzelfertigkeiten sind, sondern vielmehr ineinandergreifen. Sowohl die prozessbezogenen Kompetenzen als auch die inhaltsbezogenen Kompetenzen stehen im Dienst der interkulturellen kommunikativen Kompetenz.

Als prozessbezogene Kompetenzen werden Sprachbewusstheit und Sprachlernkompetenz ausgewiesen: Zum einen unterstützt die Fähigkeit, eine Sprache – auch die Erstsprache – bewusst zu rezipieren und zu verwenden, den Spracherwerbsprozess. Die Schülerinnen und Schüler müssen zum anderen in ihrer Sprachlernkompetenz langfristig gefördert werden, um das eigene Sprachenlernen zielgerichtet zu steuern. Dieser Prozess beginnt bereits im Fremdsprachenunterricht der Grundschule. Die Lernenden sollen Strategien und Methoden erwerben, die sie dazu befähigen, ihr Lernen selbstständig zu organisieren und nach Ende ihrer Schulzeit im Sinne des lebenslangen Lernens weitere Fremdsprachen im außerschulischen Umfeld zu erlernen. Eine Voraussetzung dafür besteht darin, dass sie in ihrer Schullaufbahn allmählich Eigenverantwortung für ihren Lernprozess und ‑zuwachs übernehmen. Prozessbezogene Kompetenzen können nicht von den inhaltsbezogenen Kompetenzen losgelöst erworben werden, sie sind nicht gestuft und werden nicht unmittelbar geprüft. Der ausgewiesene Stand stellt die Zielstufe dar, die das beim Abschluss der Kursstufe zu erreichende Niveau beschreibt.

Die inhaltsbezogenen Kompetenzen umfassen die als zentrales Ziel ausgewiesene interkulturelle kommunikative Kompetenz, die funktionale kommunikative Kompetenz und schließlich die Text- und Medienkompetenz. Voraussetzung für einen gelingenden Kompetenzaufbau ist, dass die Schülerinnen und Schüler angemessene sprachliche Mittel erwerben und reflektieren. Für die Realisierung der kommunikativen Kompetenzen haben sie dienende Funktion.

Die Text- und Medienkompetenz verlangt den Schülerinnen und Schülern einen komplexeren Umgang mit Texten ab, der über die reine Textrezeption hinausgeht. Sie erfordert, dass Schülerinnen und Schüler Texte zunehmend tiefer durchdringen und sich produktiv mit ihnen auseinandersetzen. Die Lernenden sollen die Fähigkeit erwerben, Texte zu strukturieren und zu analysieren, sie zu reflektieren und zu bewerten beziehungsweise neu zu gestalten. In den Bildungsplänen der modernen Fremdsprachen wird von einem erweiterten Textbegriff ausgegangen. Als Texte werden demnach alle mündlichen, schriftlichen und visuellen Produkte in ihrem jeweiligen kulturellen und medialen Kontext verstanden, die analog oder digital vermittelt werden. Von entscheidender Bedeutung für den gymnasialen Fremdsprachenunterricht ist die Auseinandersetzung mit kulturell geprägten Deutungsmustern. Aus diesem Grund hat die Beschäftigung mit literarischen Texten von Autorinnen und Autoren mit unterschiedlichem kulturellem Hintergrund dort einen besonderen Stellenwert.

Zur Text- und Medienkompetenz zählt darüber hinaus, dass die Schülerinnen und Schüler bei einer Recherche dem Internet zielgerichtet Informationen entnehmen und entsprechend der Aufgabenstellung auswerten können. Zudem lernen sie, Texte gegebenenfalls kritisch zu ihrem medialen Umfeld in Beziehung zu setzen. Damit trägt der moderne Fremdsprachenunterricht zur Medienbildung bei.

Jeweils zu Beginn der inhaltsbezogenen Kompetenzen werden Themen genannt, denn die Schülerinnen und Schüler erwerben die ausgewiesenen Kompetenzen nicht losgelöst von soziokulturellem Wissen. Dies geschieht vielmehr in der ständigen Begegnung und Auseinandersetzung mit Themen, die in ihrer Progression zunehmend gesellschaftsorientiert werden und ein vertieftes kulturelles Verständnis zum Ziel haben.

Methodisch-strategische Teilkompetenzen sind den funktionalen kommunikativen Kompetenzen zugeordnet. Sie sind im Bildungsplan 2016 jeweils am Ende einer Kompetenz aufgeführt und durch eine Zwischenüberschrift kenntlich gemacht. Verweise auf Teilkompetenzen anderer Bereiche der Fremdsprachenpläne zeigen, welche Teilkompetenzen Grundlage oder sinnvolle Erweiterungsmöglichkeiten darstellen. Mit den vorliegenden Verweisen wird kein Anspruch auf Vollständigkeit erhoben; sie sind nicht grundsätzlich verbindlich, sondern sollen zum Querlesen einladen.

Um den Lernstand, den die Schülerinnen und Schüler laut Bildungsplan aus den vorherigen in die nachfolgenden Klassen mitbringen sollen, besser nachvollziehen zu können, hat die jeweilige Teilkompetenz über alle Klassen hinweg die gleiche Nummerierung. Die Progression der einzelnen (Teil‑)Kompetenzen wird so erkennbar. Mitunter wird eine Teilkompetenz ab einer bestimmten Klasse nicht mehr fortgeführt beziehungsweise sie setzt später ein. In diesen Fällen erfolgt ein konkreter Hinweis in der jeweiligen Zeile. Die Teilkompetenzen werden anhand von Operatoren beschrieben, deren jeweilige Bedeutung in der Liste im Anhang der Pläne definiert ist. Die definierten handlungsleitenden Verben dienen dazu, alle sprachlichen Operationen, die im Laufe des Erwerbs aller kommunikativen Kompetenzen erlernt werden, trennscharf zu erfassen. Es handelt sich dabei nicht um die fremdsprachlichen Prüfungsoperatoren.


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