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1. Leitgedanken zum Kompetenzerwerb

1.1 Bildungswert des Faches Islamische Religionslehre sunnitischer Prägung

Die Islamische Religionslehre sunnitischer Prägung fördert religiöse Bildung und leistet im Rahmen des Erziehungs- und Bildungsauftrags der Schule einen eigenständigen und vielseitigen Beitrag. Kennzeichnend ist ein bekenntnisorientierter Unterricht, der die Frage nach Gott thematisiert und zum Glauben sowie zum ganzheitlichen Denken und Handeln anleitet. In der Grundschule wird eine breite Basis für Kinder verschiedener islamischer Traditionen und kultureller Prägungen geschaffen. Die Kinder werden befähigt, diese gegenüber ihren Mitschülerinnen und Mitschülern zu vertreten und gleichzeitig deren Anderssein zu akzeptieren. Im Blickpunkt stehen existenzielle Fragen des Einzelnen sowie soziale Fragen des Miteinanders.

Das Fach ermöglicht Zugänge zu den Glaubensgrundlagen, Normen und ethisch-praktischen Vorschriften des Islam und stellt diese in Bezug zu den heutigen lebensweltlichen Bedingungen der Kinder in unserer pluralen Gesellschaft. Der Islamische Religionsunterricht thematisiert aus diesem Grund elementare Aspekte der Religion, die das alltägliche Leben und dessen Gestaltung betreffen, und dabei ein respektvolles, achtsames, tolerantes und gleichberechtigtes Miteinander ermöglichen.

Der Glaube wird als Grundlage für die Positionierung der Kinder in ihrer aktuellen Lebenswelt angebahnt. Der Unterricht eröffnet kindgerechte Zugänge zur islamischen Religion, unterstützt die Schülerinnen und Schüler auf der Suche nach dem eigenen Lebenssinn und trägt dazu bei, dass sie eine selbstbestimmte religiöse Mündigkeit entwickeln. Den Kindern werden Möglichkeiten aufgezeigt, im Glauben eine Hilfe zur Deutung und Gestaltung des eigenen Lebens zu finden. Fragen und Antworten aus der kindlichen Lebenswelt werden aufgenommen und Impulse für ein selbstbestimmtes und selbstverantwortetes religiöses Leben auf der Grundlage des islamischen Glaubens angeboten.

Rechtsgrundlage

Der Islamische Religionsunterricht sunnitischer Prägung in Baden-Württemberg erfolgt derzeit im Rahmen des von der Landesregierung eingerichteten Modellprojekts und wird von ausgebildeten Lehrkräften erteilt.

Beitrag des Faches zu den Leitperspektiven

In welcher Weise das Fach Islamische Religionslehre sunnitischer Prägung einen Beitrag zu den Leitperspektiven leistet, wird im Folgenden dargestellt:

  • Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE)
    Die Toleranz der Pluralität als Grundhaltung trägt zur Friedensbildung bei. Die Erziehung zu religiöser Mündigkeit erzieht zu Teilhabe, Mitwirkung und Mitbestimmung. Eine Bildung zu nachhaltiger Entwicklung wird damit unterstützt. Der Aspekt des achtsamen Umgangs mit der Schöpfung im religiösen Verständnis fördert die Verantwortung für Umwelt und Ressourcen.
  • Bildung für Toleranz und Akzeptanz von Vielfalt (BTV)
    Im Sinne eines bekenntnisorientierten Religionsunterrichts werden Anregungen zur religiösen Selbstfindung gegeben. Dabei werden die Akzeptanz anderer Lebensformen und Weltanschauungen thematisiert und reflektiert.
  • Prävention und Gesundheitsförderung (PG)
    Die Werteorientierung der Islamischen Religionslehre sunnitischer Prägung trägt zur Suchtprävention bei. Sie berücksichtigt und unterstützt aber auch die Selbstregulation, die für die Entwicklung der Kinder von grundlegender Bedeutung ist und trägt dazu bei, dass diese in ihren altersspezifischen Entwicklungsaufgaben und in ihren Verhaltensweisen bestärkt werden.
  • Medienbildung (MB)
    Der Umgang mit Schrift, Schriftverständnis und Schriftauslegung in der Religion hat seinen Anteil an der Medienbildung. Medien werden als Informationsquelle genutzt, ebenso digitale Medien – sobald vorhanden.

1.2 Kompetenzen

Prozessbezogene Kompetenzen

Um den zentralen Aufgaben des Islamischen Religionsunterrichts sunnitischer Prägung gerecht zu werden, gibt es prozessbezogene Kompetenzen, die untrennbar mit inhaltlichen Kompetenzen verknüpft sind. Beide sind stets zusammen zu denken. In ihrer Zusammenführung werden sie zu einem tragfähigen Gewebe, das – bezogen auf die Situation vor Ort und auf die Bedürfnisse der Kinder – individuell verfeinert und weiter gewoben wird.



Prozess- und inhaltsbezogene Kompetenzen sind eng miteinander verwoben. (© Landesinstitut für Schulentwicklung)
Abbildung 1: Prozess- und inhaltsbezogene Kompetenzen sind eng miteinander verwoben. (Bild: Kommissionen)

Die folgenden prozessbezogenen Kompetenzen gliedern sich in fünf Kompetenzbereiche und begleiten die Kinder in ihrer religiösen Entwicklung.

  • Wahrnehmen und Darstellen
    Die Schülerinnen und Schüler können religiös bedeutsame Phänomene und Fragen in ihrem Lebensumfeld wahrnehmen und beschreiben.
  • Deuten
    Die Schülerinnen und Schüler können religiöse Ausdrucksformen, Symbole und Koranverse sowie Prophetenworte (Hadithe) verstehen und deuten.
  • Urteilen
    Die Schülerinnen und Schüler können unterschiedliche Positionen zu religiösen und ethischen Fragestellungen vergleichen sowie eine eigene Position einnehmen und begründen.
  • Kommunizieren und Dialogfähig-Sein
    Die Schülerinnen und Schüler können sich auf die Gedanken, Gefühle und Sicht- und Verhaltensweisen anderer einlassen, sich austauschen und sich mit diesen auseinandersetzen.
  • Gestalten und Handeln
    Die Schülerinnen und Schüler können ihr Leben und das Zusammenleben mitgestalten und aus islamischer Perspektive reflektieren.

Inhaltsbezogene Kompetenzen

Die inhaltsbezogenen Kompetenzen sind in sieben Bereiche gegliedert, welche wiederum in verschiedene Teilkompetenzen aufgeteilt sind:

  • Mensch und Glaube
  • Welt und Verantwortung
  • Koran und die islamischen Quellen
  • Gott und Seine Schöpfung
  • Muhammad der Gesandte
  • Gottes Gesandte und ihre Botschaft
  • Religionen

1.3 Didaktische Hinweise

Der Unterricht ist ein dialogisch orientierter und ganzheitlicher Prozess, welcher die Dimensionen des menschlichen Daseins wie Körper, Seele und Geist gleichermaßen anspricht und um eine Balance zwischen ihnen bemüht ist. Dementsprechend stehen die Schülerinnen und Schüler als Subjekte mit ihren kognitiven, emotionalen und lebenspraktischen Erfahrungen sowie ihrer Lebenswelt im Mittelpunkt. Die Kinder bekommen im Islamischen Religionsunterricht sunnitischer Prägung die Möglichkeit, eigenständiges religiöses Denken und Handeln zu lernen und weiterzuentwickeln. Die Schülerinnen und Schüler werden unterstützt, ihren Glauben positiv zu erleben und diesen selbstbewusst, sachgerecht und angemessen zu vertreten.

Individueller Lern- und Entwicklungsprozess

Im Zentrum der Unterrichtsplanung steht der individuelle Lern- und Entwicklungsprozess der Kinder, der in den Blick zu nehmen, zu organisieren, zu fördern und zu begleiten ist. Differenzierung ist im Islamischen Religionsunterricht sunnitischer Prägung ein wichtiges Unterrichtsprinzip, um der Heterogenität der Kinder gerecht zu werden. Die Lebenswelt, das Interesse, die Erfahrung und der Wissensstand der Kinder werden bei der Planung und Gestaltung des Unterrichts einbezogen. Ein so verstandener Religionsunterricht macht die Selbsttätigkeit und Eigenverantwortlichkeit der Schülerinnen und Schüler zum Prinzip des ganzheitlichen Unterrichts und ermöglicht unterschiedliche Lernweisen und Lernerfahrungen, zu denen auch die nichtsprachlichen Zugänge und Erfahrungsmöglichkeiten eines emotionalen, kognitiven und handlungsorientierten Verstehens sowie vielfältige Formen offenen Unterrichts gehören.

Didaktische Reduktion

Ein weiteres Unterrichtsprinzip ist die didaktische Reduktion im Blick auf die Lern- und Persönlichkeitsentwicklung der Kinder. Insbesondere in den Klassen 1 und 2 werden bei ersten Begegnungen mit dem Fach Interesse, Neugierde und Freude geweckt. Hierbei wird Wert darauf gelegt, dass Inhalte auch spielerisch erfasst werden können. Die dadurch geschaffenen Grundlagen werden in den Klassen 3 und 4 erweitert und vertieft.

Lernen an Vorbildern und Modellen

Dem Lernen an Vorbildern und Modellen kommt eine besondere Bedeutung zu. Methoden, die erfahrungsbezogenes und kooperatives Lernen ermöglichen, helfen, die Aufgabe der Erziehung zu Toleranz und Verständigung oder das Einüben von Formen der Konfliktbearbeitung umzusetzen. Dies bedeutet auch, den Schülerinnen und Schülern Lernen an außerschulischen Orten zu ermöglichen.

Unterrichtssprache

Die Unterrichtssprache der Islamischen Religionslehre sunnitischer Prägung ist Deutsch. Ebenfalls werden im Bildungsplan verschiedene, zum Teil zentrale Begriffe des Islam in der Regel mit deutschen Bezeichnungen zum Ausdruck gebracht. Beispielsweise ist in der Formulierung der Kompetenzen in der Regel von Gott und nicht von Allah die Rede, da der Begriff von Gott als der Schöpfer und Allmächtige zur deutschen religiösen Sprachkultur gehört. Dieses Vorgehen dient der religiösen Sprach- und Dialogbefähigung muslimischer Schülerinnen und Schüler im gesamtgesellschaftlichen Kontext, wofür die Benennung von Verbindendem und Gemeinsamem mit dem gleichen dafür gebräuchlichen Wort sinnvoll ist und einer ungerechtfertigten sprachlichen Abgrenzung vorbeugt. Da sich im alltäglichen deutschen Sprachgebrauch auch typisch islamische Bezeichnungen eingebürgert haben, werden diese in den Beschreibungen der Kompetenzen teilweise mit verwendet.

Kooperationen

Über das eigentliche unterrichtliche Anliegen hinaus beteiligt sich das Fach an der Gestaltung von Schule als Lebens- und Erfahrungsraum für alle. Die Islamische Religionslehre sunnitischer Prägung trägt hier insbesondere durch die Mitgestaltung von Festen und Feiern religiöser Art bei. Sie beteiligt sich am fächerverbindenden Lernen, an interkonfessionellen Kooperationen, an Kooperationen mit anderen Fächern, an Projekten, an Begegnungen und Entwicklungen innerhalb der Schule, an der Öffnung hin zur Bürgergesellschaft sowie zur Glaubensgemeinschaft und trägt darüber hinaus zur Profilbildung der Schule bei.


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