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1. Leitgedanken zum Kompetenzerwerb

1.1 Bildungswert des Faches Musik

Musik ist ein wichtiger Teil unserer Kultur. Sie präsentiert sich vielfältig in überlieferten Stilen und in ständig neuen, lebendigen Erscheinungsformen. Auf der Grundlage ihrer eigenen Ausdruckskraft ermöglicht sie Kommunikation über alle Altersstufen, über kulturelle und sprachliche Grenzen hinweg.

Bereits bei ihrem Schuleintritt verfügen Kinder über bewusste oder unbewusste Erfahrungen im Wahrnehmen und Gestalten von Musik. Musik ist Teil ihrer Persönlichkeit und Bestandteil ihres Lebens.

Die Kinder sind ständig von vielfältigen Geräuschen, Lauten und Klängen aus der natürlichen und gestalteten Umwelt umgeben. Sie reagieren auf Klangeindrücke durch Zuhören, wobei innere Bilder entstehen können, oder ganzkörperlich durch Bewegungen, Imitationen oder Improvisationen. So werden Klangeindrücke auf individuelle Art und Weise verarbeitet. Das Hören hat über das Fach Musik hinaus grundsätzliche Bedeutung für alle Fächer im Sinne des aufmerksamen Zuhörens und ist daher unverzichtbar für jegliche Lernsituation.

Durch gemeinsames Singen und Musizieren erfahren Kinder das Gefühl von Verbundenheit mit anderen. Die kindliche Offenheit für Musik und ihre Freude am musikalischen Erleben und Gestalten mit dem Körper und mit Klangwerkzeugen sowie die Neugier auf musikalische Phänomene sind natürliche Verhaltensweisen und werden zum Ausgangspunkt für Lernprozesse in der Grundschule. Dieser Prozess wurde bereits in der frühkindlichen Bildung, Erziehung und Betreuung angeregt und findet seine Fortsetzung in der Sekundarstufe.

Der Musikunterricht der Grundschule hat die Aufgabe, an die Freude an der Musik anzuknüpfen und die emotionalen, gestalterischen und fachlichen Kompetenzen der Schülerinnen und Schüler zu entwickeln.

In Begegnungen mit verschiedenen Formen eigener und fremder Kulturen fördert der Musikunterricht die Fähigkeit zur aktiven Teilhabe am kulturellen und interkulturellen Leben und führt in tradierte und aktuelle Erscheinungsformen der Kultur ein. Er liefert dabei einen Beitrag zur Integration und Inklusion von Kindern unterschiedlicher Begabung, sozialer und kultureller Herkunft. Grundlage dafür ist die Offenheit im Hinblick auf individuell unterschiedliche Fähigkeiten, Denkweisen, Sichtweisen und Einstellungen der Kinder ebenso wie die Toleranz gegenüber den vielfältigen kulturellen Erscheinungsformen, aber auch die Auseinandersetzung mit Neuem und Ungewohntem.

Musikbezogene Handlungen strahlen in den außerschulischen Bereich aus. Die erworbenen Kompetenzen helfen beim Entwickeln von Werthaltungen, bieten Möglichkeiten der Freizeitgestaltung und bahnen einen mündigen Mediengebrauch an. Die Präsentation eigener Ergebnisse vor Publikum wirkt gemeinschaftsbildend. In diesem Sinn wirkt der Musikunterricht als Beitrag zur Entwicklung der Persönlichkeit und zur Findung der eigenen Identität. Gleichzeitig rhythmisiert Musik den Schulalltag. Musik- und Theateraufführungen bei Schulfesten und Feiern bereichern das Schulleben.

Daneben fördert der Musikunterricht auch das Lernen in anderen, nicht vorrangig musikalischen Bereichen. Musik ermöglicht, persönliche Entwicklungsprozesse positiv zu beeinflussen. Beim Austausch über musikalische Eindrücke werden unterschiedliche Perspektiven eingenommen. Dadurch werden Empathie und Emotionalität gefördert sowie soziale Beziehungen weiterentwickelt. Beim musikalischen Handeln sind Originalität, Kreativität und Selbstreflexion gefragt. Die Weiterentwicklung von Durchhaltevermögen, Konzentrationsfähigkeit und Selbstregulation wirkt sich förderlich auf das Lernen auch in anderen Fächern aus. Über fächerverbindende Ansätze und verschiedene künstlerisch-ästhetische Ausdrucksformen erleben die Schülerinnen und Schüler Selbstverwirklichung und Selbstwirksamkeit. In den prozessbezogenen Kompetenzen werden übergreifende Denk‑, Arbeits- und Handlungsweisen für die Welt- und Musikerschließung genannt. Diese werden langfristig im Lauf der Grundschulzeit strukturiert und entwickelt. Den prozessbezogenen Kompetenzen sind Konkretisierungsbeispiele für das Fach Musik in Klammern beigefügt.

Beitrag des Faches zu den Leitperspektiven

In welcher Weise das Fach Musik einen Beitrag zu den Leitperspektiven leistet, wird im Folgenden dargestellt:

  • Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE)
    Musikalische Projekte fördern das Verantwortungsbewusstsein, unterstützen das Einfühlungsvermögen in Lebenslagen anderer Menschen, fordern Eigeninitiative und bieten Konzepte für Lebens- und Gesellschaftsentwürfe. Beim regelmäßigen Singen, Musizieren und Musikhören werden darüber hinaus Traditionen nachhaltig fortgeführt.
  • Bildung für Toleranz und Akzeptanz von Vielfalt (BTV)
    In Reflexionsprozessen über Musik werden Haltungen und Einstellungen über Erscheinungsformen von Musik gebildet. Ziel dieser Leitperspektive ist die Förderung von Respekt, gegenseitiger Achtung und der Wertschätzung von Verschiedenheit, sodass die Schülerinnen und Schüler sich frei und ohne Angst vor Diskriminierung artikulieren können. Die Integration von Unerwartetem, das Tolerieren andersartiger Musiktraditionen, Denk- und Handlungsweisen sowie das Akzeptieren unterschiedlicher Lebensformen und ‑entwürfe tragen zu einer Offenheit gegenüber anderen Menschen, gesellschaftlichen und kulturellen Fragestellungen und zur Selbst- und Identitätsfindung von Kindern und Jugendlichen bei.
  • Prävention und Gesundheitsförderung (PG)
    Der Musikunterricht ermöglicht den Kindern durch seine Inhalte und methodisch-didaktischen Prinzipien das Erfahren von Selbstwirksamkeit. Persönlichkeitsbildende Aspekte wie Selbstregulation, wertschätzendes Kommunizieren und Handeln, Aufbauen und Halten von Kontakten sowie der achtsame Umgang mit dem Körper und der Stimme sind als zentrale Lern- und Handlungsfelder dieser Leitperspektive im Musikunterricht verankert.
  • Berufliche Orientierung (BO)
    Durch die individuelle Förderung der persönlichen Potenziale und Interessen der Schülerinnen und Schüler unterstützt der Musikunterricht die Berufliche Orientierung. Erfahrungen in musikalischen Gestaltungsprozessen sowie der Einblick in musikbezogene Berufe erleichtern fachspezifische und handlungsorientierte Zugänge zur Arbeits- und Berufswelt.
  • Medienbildung (MB)
    Schon in der Grundschule ist die Medienbildung in allen Bereichen von großer Bedeutung. Die Verwendung von digitalen Produktions- und Präsentationstechniken im Unterricht fördert einen altersgemäßen Mediengebrauch – sobald die entsprechenden Medien vorhanden sind. Beim Musikhören und Reflektieren über die Wirkung von Musik werden unterschiedliche Medien (auch digital – sobald vorhanden) und deren Einflussnahme auf die Lebenswirklichkeit der Kinder analysiert.
  • Verbraucherbildung (VB)
    Die gezielte Auswahl von Hörbeispielen und der bewusste Umgang mit diesen erweitern den Erfahrungshorizont von Kindern. Dies trägt zur Entwicklung eines verantwortungsvollen Verbraucherverhaltens bei.

1.2 Kompetenzen

Die Konzeption des Bildungsplans weist prozessbezogene Kompetenzen und Standards für inhaltsbezogene Kompetenzen aus, die in vielfältiger Weise aufeinander bezogen sind. Sie sind stets gemeinsam zu denken. In ihrer Zusammenführung werden sie zu einem tragfähigen Gewebe, das – bezogen auf die Situation vor Ort und auf die Bedürfnisse der Kinder – individuell verfeinert und weiter gewoben wird.

Prozess- und inhaltsbezogene Kompetenzen sind eng miteinander verwoben. (© Landesinstitut für Schulsport, Schulkunst und Schulmusik)
Abbildung 1: Prozess- und inhaltsbezogene Kompetenzen sind eng miteinander verwoben. (Bild: Kommissionen)

Prozessbezogene Kompetenzen

Die Kinder erleben in der Begegnung und Auseinandersetzung die Welt mit allen Sinnen, erkunden sie auf vielfältige Weise und lernen sie zu verstehen. Sie teilen ihre Erfahrungen, Vorstellungen und Erkenntnisse mit anderen. Die Schülerinnen und Schüler erwerben zunehmend Gestaltungs- und Handlungskompetenz. Sie können musikalisches und künstlerisches Tun sowie naturwissenschaftlich-technische Phänomene und sozio-kulturelle Sachverhalte wahrnehmen, reflektieren, gestalten und sich dazu positionieren.

Diese Zugänge zur Welt kommen in übereinstimmend formulierten prozessbezogenen Kompetenzen der Fächer Musik, Kunst/Werken und Sachunterricht zum Ausdruck.

Die prozessbezogenen Kompetenzen gliedern sich in folgende Bereiche:

  • Welt erleben und wahrnehmen
  • Welt erkunden und verstehen
  • Kommunizieren und sich verständigen
  • In der Welt handeln – Welt gestalten
  • Reflektieren und sich positionieren

Die in den Bereichen beschriebenen Prozesse greifen ineinander, sind miteinander verknüpft und situationsbezogen zu gewichten.

Inhaltsbezogene Kompetenzen

Im Mittelpunkt aller didaktischen Überlegungen steht das Kind mit seinen individuellen Voraussetzungen. Deshalb ist das musikalische Handeln von Kindern Ausgangspunkt für alle musikalischen Lernprozesse.

Die Vermittlung grundlegender Inhalte und Kompetenzen durch altersgerechte und grundschulspezifische Zugangsweisen im Sinne einer musikalischen Grundbildung umfasst das Singen mit Stimmbildung, instrumentales Musizieren, das Hören von Musik und Erkennen ihrer Wirkungen und Funktionen sowie das Umsetzen von Musik in andere Darstellungsformen. Bei jeglicher Beschäftigung mit Musik nimmt das Hören eine zentrale Stellung ein. Alle Bereiche des Bildungsplans verbinden sich über musikalisches Hören und Gestalten und führen so zu einem zunehmend bewussten Umgang mit Musik.

Musik gestalten
Einen Schwerpunkt im Unterricht stellt der Bereich „Musik gestalten“ mit vokalem und instrumentalem Musizieren und mit musikbezogenem Handeln dar. Körper und Stimme mit ihren verschiedenen Klangmöglichkeiten werden als Instrumente eingesetzt. Dabei werden spiralcurricular musikalische Kompetenzen entwickelt. Vorerfahrungen der Kinder in diesem Bereich werden eingebunden und fortgeführt.

Musik hören und verstehen
Das Hören untergliedert sich in Wahrnehmungs- und Reflexionsprozesse, die sich wechselseitig bedingen. Emotionales Wahrnehmen und strukturelles Reflektieren schließen das Erfassen von Wirkungen und Funktionen mit ein. Die Schülerinnen und Schüler erweitern ihre Hör- und Wahrnehmungskompetenz und entwickeln ihr musikalisches Verständnis weiter. Das Verstehen erfolgt sowohl über das begrifflich-beschreibende Erfassen als auch über einen unbewussten, emotional-assoziativen Zugang.

Musik umsetzen
Der Bereich „Musik umsetzen“ verbindet Musik mit Bewegung, Szene, bildlicher Darstellung und Text. Hier bieten sich ganzheitliche, überfachliche, fächerverbindende sowie projektorientierte Arbeitsformen an. Die Schülerinnen und Schüler gewinnen grundlegende künstlerisch-ästhetische Erfahrungen und erkennen die Bedeutung von Musik in unterschiedlichen Kontexten.

Diese drei Bereiche sind eng miteinander verzahnt und ergänzen sich gegenseitig.

1.3 Didaktische Hinweise

Die folgenden Unterrichtsprinzipien sind für den Musikunterricht in der Grundschule handlungsleitend:

Der Fachplan Musik ist spiralförmig angelegt. Dies zeigt sich in der schrittweisen Anordnung der Teilkompetenzen, die kontinuierlich höhere Anforderungen aufweisen. Dieser Aufbau schlägt sich im Unterricht nieder.

Die tägliche aktive Musikpflege, auch über den Musikunterricht hinaus, ist geprägt durch regelmäßige Wiederholungen und vielfältiges Üben beim Singen, Klassenmusizieren und musikbezogenem Handeln. Sie trägt zu einer Musikalisierung des Schulalltags und des Lernens in der Grundschule bei. Körpererfahrungen im Sinne einer ganzheitlichen Unterrichtsgestaltung ergänzen das musikalische Tun der Schülerinnen und Schüler. Sie erfahren einen persönlichen Lernzuwachs und gewinnen dadurch Zutrauen in ihre eigenen Stärken.

Musikalische Entwicklungsprozesse werden in besonderem Maße von der Begleitung und Förderung durch die Lehrkraft geprägt. Ihr Vorbild im Singen und Musizieren regt die Schülerinnen und Schüler zur Verbesserung der eigenen Sing- und Musizierqualität an. Ihr kritisches Werturteil, ihr unterstützendes Anleiten mit Stimme oder Instrument, ihre Motivationskraft und ihr Schaffen von Räumen für kreatives Tun bilden die Grundlage für eine lebenslange Beschäftigung mit Musik. Der diagnostische Blick der Lehrkraft auf das individuelle musikalische Lernen ist Grundlage für didaktische Entscheidungen, die vom Kind aus getroffen werden sollen.

Die Nutzung der schulischen Gegebenheiten (nach Möglichkeit ein Musik-Fachraum mit fachspezifischer zeitgemäßer Ausstattung) gewährleistet eine professionelle Unterrichtsgestaltung und ermöglicht die Integration musikalischer Alltagserfahrungen der Schülerinnen und Schüler. Dabei wird die musikalische Fachsprache eingeführt, sukzessive erweitert und gefestigt.

Im Hinblick auf die Auswahl von Liedern und Musikwerken zeigt sich die große Heterogenität in der Unterschiedlichkeit der Erscheinungsformen von Musik. Hier kommt der Verschiedenartigkeit der Vorerfahrungen, der kulturellen Unterschiede und der inner- und außerschulisch erworbenen Kompetenzen der Kinder eine große Bedeutung zu.

Der Musikunterricht bietet Kindern die Chance, individuelle Fähigkeiten zu entwickeln und eigene Stärken durch das gemeinsame Musizieren und Wahrnehmen zu erfahren und bietet demnach vor allem Möglichkeiten der Inklusion.

Wesentliche Impulse erhält der schulische Musikunterricht durch Vernetzungen mit außerschulischen Partnern. Dabei können sich außerschulische Lernorte und das schulische Bildungsangebot wechselseitig ergänzen und wertvolle Einblicke in das regionale Kulturschaffen liefern.

Neben der Öffnung hin zu zeitgemäßen Erscheinungsformen der musikalischen Gegenwartskulturen sieht sich der Musikunterricht der Grundschule der Fortführung tradierter Musikkulturen ebenso verpflichtet wie einer Berücksichtigung anderer Musikkulturen.

Traditionelle und aktuelle Lieder und Werke, auch aus verschiedenen Kulturkreisen, bilden die Grundlage für ein gemeinsames Lied- und Hörrepertoire.


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