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1. Leitgedanken zum Kompetenzerwerb

1.1 Bildungswert des Faches Wirtschaft / Berufs- und Studienorientierung (WBS)

Das Grundproblem des Wirtschaftens ist: Wie kann eine effiziente und gleichzeitig gerechte Versorgung trotz begrenzter Ressourcen und daraus resultierender Verwendungskonkurrenzen erreicht werden? Durch die Lösung dieser Frage kann – bei unterschiedlichen, bisweilen konfliktreichen Interessenlagen – ein gutes Zusammenleben ermöglicht werden.

Ziel der ökonomischen Bildung ist, die Schülerinnen und Schüler zu befähigen, ökonomisch geprägte Lebenssituationen zu erkennen, zu bewältigen und zu gestalten sowie ihre Interessen in einer sich verändernden globalisierten Welt selbstbestimmt und selbstbewusst zu vertreten. Dadurch trägt ökonomische Bildung zur Stärkung der Mündigkeit der Schülerinnen und Schüler bei, die auch für ihre berufliche Orientierung im Hinblick auf die Planung und Gestaltung des Übergangs in Ausbildung, Studium und Beruf eine wichtige Rolle spielt. Sie sollen in die Lage versetzt werden, in ökonomisch geprägten Lebenssituationen gemeinwohlorientiert auch die Interessen anderer zu berücksichtigen, den Wert der Zusammenarbeit zu erkennen und zugleich für sich und andere Verantwortung zu übernehmen. Schließlich ermöglicht das Fach Wirtschaft / Berufs- und Studienorientierung einen Einblick in die Rahmenbedingungen des Wirtschaftens sowie Zugänge zur Arbeits- und Berufswelt, sodass die Schülerinnen und Schüler deren Bedeutung sowohl erkennen als auch mitgestalten können. Dies erfordert die Auseinandersetzung mit übergeordneten, zum Teil konkurrierenden gesellschaftlichen Zielsetzungen wie zum Beispiel Solidarität, Nachhaltigkeit, Lebensqualität, Wohlstand, Freiheit.

Das Selbstverständnis des Faches Wirtschaft / Berufs- und Studienorientierung wird in den prozessbezogenen Kompetenzen zugrunde gelegt. Die Schülerinnen und Schüler sollen wirtschaftliche Wirkungszusammenhänge und Funktionsweisen analysieren und beurteilen können, um daraus Handlungsoptionen abzuleiten. Ihre eigenen Fähigkeiten, Potenziale und Interessen zu erkennen, stellt dabei die Basis für ihre Handlungsoptionen als Berufswähler dar. Ausgangspunkt des Wirtschaftens sind knappe Güter; bei ihnen übersteigen die Bedürfnisse der Menschen, die zwar individuell verschieden, aber aggregiert prinzipiell unbeschränkt sind, die Möglichkeiten der Produktion. Individuell führt das Knappheitsproblem zu Entscheidungs- und Zielkonflikten, gesellschaftlich zu Verteilungskonflikten und nicht selten zu Ungleichheit.

Verschiedene ökonomische Modelle versuchen, den Umgang mit dieser Knappheitsproblematik zu erklären. Die Theorie der rationalen Entscheidung geht davon aus, dass Akteure auf der Basis ihrer Präferenzen rational entscheiden, um ihren Nutzen zu maximieren. Dabei beeinflussen Anreize (Belohnungen beziehungsweise Restriktionen) die Kosten-Nutzen-Abwägung. Andere Modelle hinterfragen diese Rationalitätsprämisse. Ausgehend von empirischen Studien und Experimenten gehen insbesondere Sozialwissenschaften davon aus, dass sich Menschen und Organisationen auch von sozialen Normen, Gewohnheiten, moralischen Präferenzen und ihrer Intuition leiten lassen. Diese Erkenntnisse spielen in der Ökonomik eine zunehmend größere Rolle. Insofern ist es bedeutsam, den Schülerinnen und Schülern den Pluralismus von Modellen, aber auch das Verhältnis von Modellen und Wirklichkeit bewusst zu machen.

Der Knappheitsproblematik kann grundsätzlich auf verschiedene Weise begegnet werden: Neben der Optimierung von Güterentstehung sowie ‑verwendung beziehungsweise ‑verteilung reduziert auch die Einschränkung des Bedarfs die Knappheit (durch Preissteigerung, Zuteilung oder Verzicht beziehungsweise Schenken) und verändert damit mögliche Verteilungskonflikte. Die Frage, wie man mithilfe eines Ordnungsrahmens (zum Beispiel Regeln, Verträge, Institutionen, Entscheidungsarchitektur) am besten Einfluss auf die gesellschaftliche Verteilung nehmen kann und inwiefern man dies soll, wird wirtschafts- und gesellschaftspolitisch kontrovers diskutiert.

Grundsätzlich zeigt sich der Bildungswert des Faches im Erkennen ökonomischer Situationen, dem Beurteilen ökonomischen Handelns sowie in der Erkenntnis, dass es dabei Alternativen gibt – auch im Hinblick auf die Berufs- und Studienorientierung. Deshalb sollen die Schülerinnen und Schüler befähigt werden, als mündige Wirtschaftsbürger ihr tägliches wirtschaftliches Handeln zu hinterfragen und sich bewusst zu sein, dass sie auf die System- und Ordnungsbedingungen auch politisch Einfluss nehmen können.

Im Übergang von der Schule zum Arbeits- und Berufsleben ergeben sich für die Schülerinnen und Schüler vielfältige Möglichkeiten, die ihnen richtungsweisende Entscheidungen abverlangen. Dabei kommt bei der Unterstützung und Vorbereitung von tragfähigen, ihren Kompetenzen und Entwicklungen entsprechenden Entscheidungen für kommende Berufswege sowie für lebenslanges Lernen dem Fach Wirtschaft / Berufs- und Studienorientierung eine besondere Funktion zu. Eine zentrale Aufgabe der Berufs- und Studienorientierung ist es, die Schülerinnen und Schüler als zukünftige Berufswähler in die Lage zu versetzen, die Angebote der Arbeitswelt zu analysieren und mit ihren Interessen und Fähigkeiten zu vergleichen.

Beitrag des Faches zu den Leitperspektiven

  • Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE)
    Ökonomische Bildung, welche Mündigkeit stärken möchte, muss die Folgen ökonomischen Verhaltens reflektieren. Der Umgang mit begrenzten Ressourcen und die Suche nach tragfähigen, das heißt friedlichen und gerechten sowie weitsichtigen Lösungen ist zugleich Ausgangspunkt und zentraler Bestandteil des Wirtschaftsunterrichts. Die Bewertung von Kaufentscheidungen und die Reflexion über unternehmerische Entscheidungen vor allem im Hinblick auf soziale und ökologische Nachhaltigkeit sind Bestandteil der Kompetenzbeschreibungen und inhaltsbezogenen Standards. Damit trägt das Fach seinen Anteil zur Bildung für nachhaltige Entwicklung bei.
  • Bildung für Toleranz und Akzeptanz von Vielfalt (BTV)
    Besonders als Berufswähler und zukünftiger Arbeitnehmer oder Unternehmer ist es wichtig, als gestärkte Persönlichkeit, ausgestattet mit sozialer Kompetenz, in den Arbeitsmarkt einzutreten. Dort werden die Schülerinnen und Schüler auf die Ausprägungen einer pluralistischen Gesellschaft treffen und sich mit Konfliktbewältigung und Interessenausgleich auseinandersetzen müssen. In diesen Entscheidungssituationen wird die Bedeutung von wertorientiertem Handeln und Solidarität deutlich. Auch als Verbraucher und Wirtschaftsbürger schärfen sie ihr Bewusstsein für einen konstruktiven Umgang mit Vielfalt.
  • Prävention und Gesundheitsförderung (PG)
    Das Fach berücksichtigt über viele der prozessbezogenen Kompetenzen verschiedene Handlungsfelder dieser Leitperspektive. Dazu gehören beispielsweise die konstruktive und kritische Analyse von ökonomischen Problemsituationen und Entscheidungen auf der Grundlage von Werten, Regeln und Normen. Die Fähigkeit zur Selbstregulation, zu ressourcenorientiertem Denken sowie lösungsorientierter Konfliktbewältigung in ökonomischen Lebenssituationen sind Ziele, die sich in den inhaltsbezogenen Standards widerspiegeln.
  • Berufliche Orientierung (BO)
    Die Auseinandersetzung mit ökonomischen Grundlagen unterstützt die systematische Planung des Berufswegs. Bei der Vorbereitung auf die Berufswelt spielt die Lebensweltorientierung des Faches eine große Rolle, um die berufsvorbereitenden Maßnahmen handlungs‑, problem- und lösungsorientiert zu verankern. Dazu tragen Selbst- und Fremdeinschätzung eigener Fähigkeiten und Fertigkeiten sowie Kenntnisse über die aktuellen Anforderungen von Berufen beziehungsweise ihrer Ausbildungsgänge, von weiterführenden Schulen und Hochschulen bei. Durch Realbegegnungen wie zum Beispiel Berufserkundungen oder Betriebspraktika werden Möglichkeiten der Berufstätigkeit erprobt und individuelle Berufsentscheidungen vorbereitet. Die Schülerinnen und Schüler suchen ihren Platz im Wirtschaftssystem als zukünftige Erwerbstätige. Die Auseinandersetzung mit den Erfahrungen als Verbraucher, den Erkenntnissen über Unternehmertum und Arbeitnehmerverhältnisse, aber auch die Beschäftigung mit den Gestaltungsmöglichkeiten als Wirtschaftsbürger ergeben Anknüpfungspunkte für die eigene Berufs- und Studienorientierung. Hilfreich sind dafür außerschulische Lernorte sowie Experten der (regionalen) Wirtschaft, Institutionen, weiterführenden Schulen und Hochschulen. Neben der Einführung in ökonomisches Denken und Handeln ist es daher Ziel des Faches, selbstständig und eigenverantwortlich die eigene Berufswegeplanung zu reflektieren und zu organisieren. Damit unterstützt das Fach die Ziele der Leitperspektive „Berufliche Orientierung“ in besonderem Maße.
  • Medienbildung (MB)
    Insbesondere die prozessbezogenen Standards zur Methodenkompetenz nehmen die Zielsetzungen der Leitperspektive Medienbildung auf. Medien fungieren als Führer und Verführer in ökonomischen Lebenssituationen, daher sollen die Schülerinnen und Schüler in die Lage versetzt werden, sich selbstständig Informationen zu ihren ökonomischen Lebenssituationen zu beschaffen und diese kritisch zu reflektieren. Medienbildung soll helfen, nicht nur mündig mit Informationen umgehen, sondern auch die Einflussmöglichkeiten als kritischer Wirtschaftsbürger nutzen zu können.
  • Verbraucherbildung (VB)
    Verbraucherbildung, wie sie im Wirtschaftsunterricht verankert ist, fördert die Aufklärung des jugendlichen Konsumenten und zukünftigen Wirtschaftsakteurs, welcher sein Einkommen dem Wirtschaftskreislauf wieder zuführt. Den Verbraucher in seinem Verhalten als Konsument, Geldanleger oder Kreditnehmer zu schützen, ist Aufgabe der Verbraucherpolitik, welche die Selbstbestimmung des Verbrauchers stärken soll. Somit trägt der Unterricht zur Förderung eines selbstbestimmten und verantwortungsbewussten Verbraucherverhaltens bei.

1.2 Kompetenzen

Das Strukturierungsmodell des Bildungsplans Wirtschaft / Berufs- und Studienorientierung basiert auf einer dreigliedrigen Perspektive (in Anlehnung an: Günther Seeber, Thomas Retzmann u.a., Bildungsstandards der ökonomischen Allgemeinbildung, Schwalbach/Ts. 2012). Die Schülerinnen und Schüler sollen sich in ökonomischen Situationen bewusst machen, dass ihre individuelle wirtschaftliche Entscheidung sowohl in einem Beziehungsgefüge zu anderen Akteuren als auch innerhalb eines Ordnungssystems erfolgt.



„Drei-Dimensionen-Modell“ (© Landesinstitut für Schulentwicklung)
„Drei-Dimensionen-Modell“  (Grafik erstellt von Kommission)


Individuelle Dimension („Ich“: Dimension I)

Die Schülerinnen und Schüler sollen befähigt werden, ökonomische Lebenssituationen zu analysieren und als Resultat daraus Handlungsalternativen zu bewerten, Handlungsmöglichkeiten zu gestalten und schließlich selbstbestimmt ökonomische Entscheidungen zu treffen. Dazu gehört, dass sie Kosten und Nutzen abwägen und die langfristigen Folgen individueller ökonomischer Entscheidungen unter Nachhaltigkeitsaspekten reflektieren können. So werden sie in die Lage versetzt, ihre Chancen selbstbewusst zu suchen und zu nutzen.

Dimension wirtschaftlicher Beziehungen („Die Anderen und ich“: Dimension II)

Die Analyse der jeweiligen Interessenkonstellationen beziehungsweise Tauschverhältnisse führt dazu, dass die Schülerinnen und Schüler Kooperationsbedingungen und ‑möglichkeiten beurteilen und gestalten können. Eine Abwägung der Zielkonflikte kann zu ausgewogenen und friedlichen Problemlösungen beitragen. Gleichzeitig sollen die Schülerinnen und Schüler dadurch befähigt werden, Interessen selbstbewusst zu vertreten beziehungsweise gegebenenfalls zu organisieren. Die Berücksichtigung nichteigener Anliegen kann die reflexive Distanz zu einem rein ökonomischen Nutzen als Maßstab stärken, bei dem man „von allem den Preis und von nichts seinen Wert“ (Oscar Wilde) kennt. Wirtschaftsunterricht thematisiert die Komplexität von Interaktionen und lehrt damit das Denken in Wirkungszusammenhängen. Indem die unterschiedlichen Folgen von Handlungen beachtet werden, wird soziale Nachhaltigkeit gestärkt.

Dimension Ordnung und System („Das System“: Dimension III)

Die Schülerinnen und Schüler sollen in die Lage versetzt werden, die Bedeutung und Funktionsfähigkeit von Wirtschaftsordnungen auf nationaler und internationaler Ebene zu beurteilen und deren Anforderungen an den Einzelnen zu erkennen. Aus einer Beobachterperspektive werden Interdependenzen zwischen ökonomischem und staatlichem System zum Gegenstand der Analyse und Bewertung. Dabei wird unter dem staatlichen System die Summe der veränder- und gestaltbaren Spielregeln für das Wirtschaften verstanden, das heißt in erster Linie politisch-rechtliche Vorgaben von Staaten beziehungsweise globalen Organisationen. Das ökonomische System beschreibt unter anderem die Funktionsweise von Märkten. Gesellschaft und Staat befinden sich in ständiger Auseinandersetzung über die Spielregeln des ökonomischen Systems, welches von spezifischen Entscheidungsarchitekturen (zum Beispiel Tarifautonomie) geprägt sein kann. Gleichzeitig kann der Staat auch selbst als partizipierender Akteur in diesem System auftreten, etwa als Nachfrager von Gütern, von Arbeitskraft oder Kapital.

Der Ansatz der dreidimensionalen Betrachtung führt zu einer wiederholten Reflexion der jeweiligen Gesamtordnung, sodass diese bewertet und gestaltet werden kann. Dabei gilt es Gestaltungsspielräume zu analysieren sowie entscheidungsfreudig zu nutzen beziehungsweise zu erweitern. Unterrichtspraktisch erfordert dies die Abbildung grundlegender wirtschaftspolitischer Kontroversen. Ein solchermaßen dem Prinzip der Pluralität verpflichteter Wirtschaftsunterricht ermöglicht es den Schülerinnen und Schülern, ökonomische Entscheidungen vor dem Hintergrund wirtschafts- und gesellschaftspolitischer Konzepte einzuordnen und ihre möglichen Wirkungen sowohl unter ökonomischen Aspekten als auch mithilfe gesellschaftlicher Wertmaßstäbe zu beurteilen beziehungsweise zu gestalten. Dadurch wird das Denken in Alternativen geschult sowie das Bewusstsein für die Bedeutung dafür geschärft, wie die ökonomische Ordnung gestaltet wird.

Struktur des Plans

Die drei Dimensionen werden durch die Verknüpfung mit ökonomischen Lebenssituationen lebensweltlich konkret. Diese strukturieren die ökonomische Lebenswelt der Schülerinnen und Schüler und sind entsprechend in den Standards für inhaltsbezogene Kompetenzen abgebildet: Der „Verbraucher“ integriert Lebenssituationen des Konsumenten, des Geldanlegers und des Kreditnehmers. Der „Erwerbstätige“ beinhaltet Lebenssituationen, die die wirtschaftliche Rolle des Berufswählers, des Arbeitnehmers und die Rolle des Unternehmers näher spezifizieren. Der „Wirtschaftsbürger“ ist Teil eines politischen Gemeinwesens, das den Einzelnen in unterschiedlicher Weise unterstützt, beansprucht und integriert. Als gestaltender Bürger beurteilt er seine Stellung in einer Wirtschaftsordnung sowie Herausforderungen der Sozialen Marktwirtschaft.

Das Drei-Dimensionen-Modell wird mit diesen ökonomischen Situationen in den jeweiligen Kompetenzbeschreibungen verknüpft. Die Kompetenzbeschreibungen sind Ausgangspunkt von Unterrichtsplanung, deren konkrete Inhalte sich in den inhaltsbezogenen Teilkompetenzen widerspiegeln. Auch diese sind nach den drei Dimensionen strukturiert. Um beispielsweise die möglichen Verhaltensweisen bei Konsumentscheidungen erörtern zu können (Dimension I), benötigen die Schülerinnen und Schüler die vielfältigen Teilkompetenzen, die im Bildungsplan dazu abgebildet sind (Dimensionen I–III). Die Kompetenzen sind nicht isoliert zu betrachten, ökonomische Bildung zeigt sich vielmehr in der ganzheitlichen Betrachtung der jeweiligen Lebenssituation.

1.3 Didaktische Hinweise

Ökonomieunterricht ist grundsätzlich der Problemorientierung verpflichtet, indem er auf offene, relevante Fragen Antworten sucht und das entdeckende, problemlösende Lernen der Schülerinnen und Schüler fördert. Geradezu konstitutiv in der Vermittlung von Ökonomie, in der mehrere Richtungen und Schulen um die Deutungshoheit ringen, sind gemäß Beutelsbacher Konsens die Prinzipien der Kontroversität und der Pluralität sowie das Überwältigungsverbot: Unterschiedliche beziehungsweise gegensätzliche Positionen, aktuelle Diskussionen und Grundsatzdebatten sind im Unterricht abzubilden und einander so gegenüberzustellen, dass weder die bestehenden Verhältnisse affirmativ gerechtfertigt werden, noch dass eine bestimmte Gesinnung erzeugt wird.

Eine wesentliche Methode des Ökonomieunterrichts ist im Sinne der Wissenschaftsorientierung die Bildung und Analyse von Modellen, die bei komplexen Interdependenzen die reduzierte Betrachtung einzelner Einflussgrößen ermöglichen (zum Beispiel Preis-Mengen-Diagramm, Wirtschaftskreislauf, Wirkungsgefüge, Verhaltensmodelle). Durch den Wirtschaftsunterricht lernen die Schülerinnen und Schüler verschiedene Möglichkeiten ökonomischer Analyse kennen und sie kritisch zu reflektieren. Des Weiteren wird eine nur an Effizienz orientierte Sichtweise dadurch vermieden, dass die unterschiedlichen Bezugsfelder der sozioökonomischen Bildung mit einbezogen werden; somit können die Schülerinnen und Schüler gerade den spezifisch ökonomischen Zugang erkennen, einordnen sowie beurteilen. Auf diese Weise vermag der Wirtschaftsunterricht kritische Urteils- und Entschlusskraft zu stärken, die die Schülerinnen und Schüler in verschiedenen Lebenssituationen, zum Beispiel als Berufswähler, Konsumenten, Wähler und Unternehmer beziehungsweise Arbeitnehmer oder als zukünftige Steuerzahler benötigen.

Spezifische Bedeutung für den Wirtschaftsunterricht kommt der Handlungsorientierung zu, insbesondere durch die Anwendung von Simulationen, Experimenten und Planspielen, Wettbewerben und Projekten wie beispielsweise Schülerfirmen. Diese Methoden ermöglichen die Veranschaulichung und Überprüfung ökonomischer Modelle und Annahmen. Handlungsorientierung spielt für den Wirtschaftsunterricht eine bedeutende Rolle, insbesondere durch Exkursionen zu Unternehmen und durch den Kontakt mit regionalen Wirtschaftsakteuren, wie er bei Praktika im Rahmen der Berufsorientierung zustande kommt. Die Schülerinnen und Schüler entdecken auf diese Art und Weise den Lebensweltbezug ökonomischer Sachverhalte, welcher bei der Planung und Gestaltung des Unterrichts maßgeblich sein muss. Damit wird auch im Hinblick auf die eigene Berufswegeplanung ökonomische Handlungskompetenz gestärkt, die sich in mündigem, verantwortungsvollem Verhalten zeigen soll. Diese Zielsetzung gilt auch für das Prinzip der Exemplarität: Die Auseinandersetzung mit Fallbeispielen ökonomischer Problemlagen und die Anwendung der daraus gewonnenen grundsätzlichen Erkenntnisse und Einsichten stärken die Urteilskompetenz und das Handeln in ökonomischen Alltagssituationen.

Ausgangspunkt des Wirtschaftsunterrichts sind die Schülerinnen und Schüler als Adressaten ökonomischer Bildung. Ausgehend von ihren Vorstellungen und Konzepten über wirtschaftliche Zusammenhänge sowie ihren Werten, welche ihr ökonomisches Verhalten beeinflussen, ist der Unterricht nach Möglichkeit differenziert zu gestalten, sodass darin die Schülerinteressen und ‑einstellungen sowie die vorhandenen Fähigkeiten und Fertigkeiten berücksichtigt werden. Wenn die Schülerinnen und Schüler in den Mittelpunkt ökonomischer Bildung gestellt werden, ergibt sich daraus die Chance, Zukunft zu gestalten.

Verweisstrukturen

Den einzelnen Standards sind Verweise zugeordnet. Diese werden unterschieden zwischen Verweisen zu anderen Fächern (F), innerhalb des eigenen Faches (I), zu den prozessbezogenen Kompetenzen (P) sowie zu den Leitperspektiven (L).

Die Verweise sollen zum einen helfen, mögliche Bezüge zu anderen Fächern zu verdeutlichen (F). Andererseits können sie Hilfestellungen sein, um durch die Kombination verschiedener Standards innerhalb des eigenen Faches (I) Stundenthemen zu formulieren. Der Hinweis im Standard 3.1.1.1 (6) („die Macht des Verbrauchers bei Wettbewerb und Monopol vergleichen“) auf den Standard 3.1.3.1 (1) beim Gestaltenden Bürger („Ziele und Planungsformen möglicher Wirtschaftsordnungen (Staat, Markt) mithilfe eines Gedankenexperiments erklären“) ermöglicht ein Stundenthema, welches die Bedeutung einer Wirtschaftsordnung für die Macht des Verbrauchers thematisiert.

Die Verweise zu den prozessbezogenen Kompetenzen (P) bieten Anknüpfungspunkte für deren inhaltliche Ausgestaltung. So bietet der Bezug beim Standard 3.1.1.1 (5) („das Zustandekommen von Preisen beim Polypol auf dem vollkommenen Markt darstellen und die Grenzen dieses Modells beschreiben“) auf die prozessbezogene Kompetenz 2.1 (4) („modellhaftes Denken nachvollziehen und in Modellen denken (...)“) den Hinweis, dass beim Thema Preisbildung das Denken in Modellen besonders gut geschult werden kann. Im Bildungsplan finden sich sämtliche prozessbezogenen Kompetenzen exemplarisch an einzelnen inhaltsbezogenen Standards.

Der jeweilige Verweis zu den Leitperspektiven (L) soll die Verantwortlichkeit des Faches für die Kompetenzen der übergeordneten Ziele signalisieren. Damit entsteht eine deutliche Verbindlichkeit. So konkretisiert beim Standard 3.2.2.1 (5) „unternehmerische Verantwortung an einem Beispiel darstellen“ der Verweis zur Leitperspektive „Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE)“, dass das Fach Wirtschaft an dieser Stelle einen Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung leisten kann.

Stufenspezifische Hinweise

Die Niveaustufen sind nach Abschlüssen geordnet (G, M, E). Grundsätzlich weisen sie unterschiedliche Grade der Durchdringung im Hinblick auf eine Kompetenz aus. Es könnte sein, dass eine Schülerin, ein Schüler im Bereich Konsument – Wirtschaftskreislauf (3.1.1.1 (3)) seine Kompetenz auf E-Niveau zeigen kann, im Bereich Arbeitnehmer – Arbeitsverträge (3.1.2.2 (3)) jedoch nur das G-Niveau erreicht. Die Niveaustufen werden nach Quantität, aber auch Komplexitätskriterien unterschieden. Ein Beispiel für Komplexitätsdifferenzierung findet sich beim Erwerbstätigen/Unternehmer (3.2.2.1 (4)). Während im G-Niveau verlangt wird, dass die Schülerin, der Schüler zumindest Unternehmensziele erklären kann, müssen im E-Niveau Zielbeziehungen beschrieben werden. Grundsätzlich ist der Operator kein generelles Differenzierungsinstrument. In den Kompetenzbeschreibungen wird stufenübergreifend in der Regel der Kompetenzbereich III eingefordert. Auch auf dem G-Niveau muss beurteilt werden können, wenn auch auf anderem Komplexitätsniveau. Beispielsweise müssen die Schülerinnen und Schüler als Konsument (3.1.1.1) ihre Rolle auf dem Gütermarkt bewerten können (III). Das Maß an Komplexität wird durch die Standards beschrieben; beim G-Niveau zum Beispiel, indem sie „die Bedingungen (...) für das Zustandekommen eines Kaufvertrags erklären können“ (3.1.1.1 (8):G)). Beim M-Niveau wird das Urteil vertieft, weil dort die Bedingungen „mithilfe von gesetzlichen Regelungen“ (3.1.1.1 (8):M) erklärt werden sollen.


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