Die prozess- und inhaltsbezogenen Kompetenzen naturwissenschaftlicher und technischer Bildung gliedern sich in die Kompetenzfelder der Fächergruppe Biologie, Naturphänomene und Technik (BNT), die Kompetenzfelder des Faches Technik und die Kompetenzfelder des Sachunterrichts Naturphänomene und Technik sowie Natur und Leben und sind im Zusammenhang zu verstehen. Hierbei wurde auch die Altersentsprechung von Kompetenzen und Inhalten berücksichtigt. Entsprechende Verknüpfungen finden sich in den jeweiligen Kompetenzfeldern. Weiterführende Inhalte und Kompetenzen finden sich unter den Verweisen auf die betreffenden Bildungspläne der allgemeinen Schulen.
1.1 Bildungsgehalt der Fächergruppe Biologie, Naturphänomene und Technik (BNT)
Die Schülerinnen und Schüler erwerben während ihrer Schulzeit eine naturwissenschaftliche Grundbildung, die das Fundament für eine lebenslange Auseinandersetzung mit den Naturwissenschaften, deren Alltagsbedeutung und ihren gesellschaftlichen, technischen und ethisch-moralischen Auswirkungen darstellt. Diese Grundbildung umfasst das Erkunden von Phänomenen, das Erkennen naturwissenschaftlicher Fragestellungen, naturwissenschaftliche Erkenntnisgewinnung sowie das Abschätzen der Folgen menschlichen Handelns.
In der Fächergruppe BNT erhalten die Schülerinnen und Schüler Einblicke in die beeindruckende Welt der Naturwissenschaften und der Technik, die viele Bereiche ihres Lebens beeinflusst. Das vorhandene Interesse an Phänomenen der belebten und unbelebten Natur wird aufgegriffen. Die Schule schafft Handlungs- und Erfahrungsräume, in denen die Schülerinnen und Schüler in der Natur, in ihrer Umwelt und in der Technik Neues entdecken und erproben können. Sie suchen nach Antworten und entwickeln Lösungen für Probleme. Der Unterricht setzt an den Wahrnehmungen und Erfahrungen der Schülerinnen und Schüler an und greift deren Fragen auf. Phänomene, die den Schülerinnen und Schülern im Alltag begegnen, werden kontextbezogen betrachtet und analysiert. Zugleich eröffnet der Unterricht in der Fächergruppe BNT fachsystematische Perspektiven der Biologie, Physik, Chemie und Technik. Die Schülerinnen und Schüler lernen Zusammenhänge und Gesetzmäßigkeiten kennen, die ihnen helfen, ihre Vorstellungs- und Erfahrungswelt zu ordnen und zu erweitern. Naturwissenschaftliche und technische Bildung trägt zur Orientierung in einer sich stetig verändernden Welt bei. Sie fördert den Erwerb naturwissenschaftlicher und technischer Denk- und Arbeitsweisen und befähigt zur Meinungsbildung über technische Entwicklung und naturwissenschaftliche Forschung.
Biologische Phänomene beeinflussen nahezu alle Lebensbereiche des Menschen. Ihre Erschließung trägt wesentlich zum Selbstverständnis des Menschen als Teil der lebendigen Natur bei. Der Bezug zum Lebensfeld „Personales Leben“ ist von besonderer Bedeutung. Die Auseinandersetzung mit Pflanzen und Tieren eröffnet den Schülerinnen und Schülern Perspektiven auf Leben sowie die grundlegende Bedeutung von Ökosystemen. Physikalisch-chemische Phänomene begegnen den Schülerinnen und Schülern in ihrem eigenen Körper, in der Natur, bei der Nutzung von Gegenständen und Geräten sowie beim Umgang mit Stoffen und Materialien durchgängig in ihrem Alltag. Sie lösen Erstaunen aus, finden kaum Beachtung oder rufen Verunsicherung hervor. Zum Verständnis des eigenen Körpers, der Umwelt sowie der unbelebten und belebten Natur trägt die exemplarische Auseinandersetzung mit Naturphänomenen maßgeblich bei. Eigenschaften von Stoffen und Materialien zu erkunden, Strukturen zu erkennen und Gesetzmäßigkeiten zu verstehen, schafft Orientierung. Die Schülerinnen und Schüler lernen Potenziale sowie Gefahren von Naturphänomenen kennen und einzuschätzen. Sie erwerben Handlungsstrategien und wenden diese im Alltag an. Insbesondere in Verbindung mit dem Lebensfeld „Selbstständiges Leben“ finden sich bedeutsame Anwendungsbezüge. Kenntnisse über den eigenen Körper und dessen Funktionen befähigen und ermutigen zu dessen Gesunderhaltung. Verknüpfungen mit den Fächern Alltagskultur, Ernährung, Soziales (AES) sowie Bewegung, Spiel und Sport (BSS) ermöglichen konkrete Handlungs- und Anwendungsbezüge. Die Auseinandersetzung mit Krankheit und Behinderung unterstützt die Schülerinnen und Schüler darin, Verantwortung für sich zu übernehmen und eigene Bewältigungsstrategien zu entwickeln.
Technik prägt in der hochtechnisierten Gesellschaft nahezu alle Lebensbereiche. Die Schülerinnen und Schüler nutzen technische Geräte in vielfältigen Bezügen. Im Unterricht setzen sie sich handelnd mit technischen Entwicklungen, mit Werkstoffen, Materialien und Verfahren auseinander, stellen Gegenstände her und erproben technische Lösungen. Physikalische Gesetze werden angewendet und Umwelt gestaltet. Die Schülerinnen und Schüler erwerben grundlegende Kenntnisse und Fertigkeiten im Umgang mit verschiedenen Werkzeugen und lernen mit einfachen Maschinen fachgerecht und sicher umzugehen. Die technische Handhabung von zeitgemäßen Medien beinhaltet zum einen die Erweiterung individueller Teilhabemöglichkeiten und zum anderen die Nutzung von Gestaltungsspielräumen sowie deren kritische Reflexion.
Die inhaltlichen Kompetenzen der Fächergruppe BNT sind implizit mit dem Erwerb naturwissenschaftlicher und technischer Denk- und Arbeitsweisen verknüpft. Die Schülerinnen und Schüler lernen Verfahren (zum Beispiel Experimentieren, Messen, Beobachten) und Kriterien der naturwissenschaftlichen und technischen Erkenntnisgewinnung (zum Beispiel Aufstellen und Überprüfen von Hypothesen, handelndes Erproben) kennen und anzuwenden. Sie erwerben damit grundlegende methodische Kompetenzen für schulisches und lebenslanges Lernen sowie für Arbeit und Beruf. Eine neugierige Fragehaltung zu fördern, ist Anspruch des Unterrichts in BNT.
In Verbindung mit den Fächern Gemeinschaftskunde und Geschichte erhalten die Schülerinnen und Schüler Einblicke, wie naturwissenschaftliche Erkenntnisse und technische Erfindungen Kultur und Weltbild in hohem Maß beeinflussen. Bei vielen gesellschaftsrelevanten Fragestellungen sind naturwissenschaftliche und technische Kenntnisse Voraussetzung für eine fundierte Entscheidungsfindung. BNT unterstützt die Schülerinnen und Schüler, Chancen und Risiken mit Folgen für Umwelt, Gesellschaft und Frieden grundsätzlich zu erkennen und zu bewerten. Der Unterricht trägt zur Meinungsbildung und politischen Teilhabe der Schülerinnen und Schüler bei. Indem grundlegende ökologische Zusammenhänge thematisiert werden, erkennen die Schülerinnen und Schüler zugleich deren Faszination und Fragilität. Sie lernen Möglichkeiten nachhaltigen Handelns kennen, sind aufgefordert, Verantwortung zu übernehmen und einen bewussten Umgang mit Natur und Technik einzufordern.
Abbildung 1: Verflechtung Lebensfelder – Fächergruppe Biologie, Naturphänomene und Technik (© Zentrum für Schulqualität und Lehrerbildung Baden-Württemberg)
1.2 Kompetenzen
1.2.1 Inhaltsbezogene Kompetenzen
Der Bildungsplan BNT gliedert sich in folgende Bereiche:
- Biologie
- Naturphänomene (Physik und Chemie)
- Technik
In der Fächergruppe BNT geht es einerseits darum, Phänomene, die den Schülerinnen und Schülern im Alltag begegnen, kontextbezogen und fächerverbindend zu betrachten und zu analysieren. Andererseits eröffnet der Unterricht in dieser Fächergruppe fachsystematische Themenbereiche der Biologie, Physik, Chemie und Technik.
Inhalts- und prozessbezogene Kompetenzen sind stets integrativ zu sehen.
1.2.2 Prozessbezogene Kompetenzen
Die prozessbezogenen Kompetenzen gliedern sich in Anlehnung an die Vorgaben der Kultusministerkonferenz für die naturwissenschaftlichen Fächer in die Bereiche Erkenntnisgewinnung, Kommunikation, Herstellung und Bewertung. Sie werden im Bildungsplan getrennt aufgeführt, jedoch im Unterrichtsprozess gemeinsam mit den inhaltsbezogenen Kompetenzen erworben.
Erkenntnisgewinnung
Beim (systematischen) Beobachten und eigenen Experimentieren erleben die Schülerinnen und Schüler Phänomene in Natur und Technik. Ausgehend von kindlichen Vorstellungen verstehen sie Naturphänomene und Zusammenhänge durch das gemeinsame Lösen von Frage- und Problemstellungen mit einer konsequenten Handlungsorientierung und gegebenenfalls mithilfe von einfachen Sachmodellen. Sie gewinnen weitere Einblicke in die naturwissenschaftlichen und technischen Denk- und Arbeitsweisen sowie zugehörige Berufsfelder. Durch zielgerichtete Beobachtungen und den kriteriengeleiteten Vergleich von Organismen gewinnen sie Erkenntnisse hinsichtlich Anatomie, Morphologie und Verwandtschaft. Die Schülerinnen und Schüler können technische Objekte nutzen und anwenden und ihre Wirkungsweise verstehen.
Kommunikation
Die Schülerinnen und Schüler bringen zum Ausdruck, was sie wahrnehmen und erleben und welche Reaktionen (zum Beispiel Erstaunen, Verwunderung, Wiedererkennen) dies bei ihnen hervorruft. Sie kommentieren Geschehnisse und Phänomene, beschreiben ihre Beobachtungen und äußern ihre Gedanken und Ideen. Dies geschieht über Formen des körperlichen Ausdrucks ebenso wie über Handlungen, Verbalsprache und Formen der Unterstützten Kommunikation. Die Schülerinnen und Schüler tauschen sich über naturwissenschaftliche Beobachtungen und technische Sachverhalte aus. Sie beschreiben Phänomene und Vorgänge alltagssprachlich und zunehmend unter Verwendung von Fachbegriffen. Die Schülerinnen und Schüler dokumentieren ihre Beobachtungen, ihr Vorgehen und die Ergebnisse ihrer Arbeit. Sie stellen naturwissenschaftliche und technische Sachverhalte, Arbeitsprozesse und Ergebnisse mit geeigneten Präsentationsformen dar. Als Informationsquellen nutzen sie verschiedene analoge und digitale Medien. Sie lesen und erstellen einfache Skizzen und Zeichnungen.
Herstellung
Die Schülerinnen und Schüler erfahren exemplarisch, dass Menschen Produkte zu einem bestimmten Zweck gewinnen und erschaffen. Sie erlernen handwerkliche Arbeitsmethoden und Fertigungstechniken. Dazu nutzen sie Werkzeuge und einfache Maschinen sicher und fachgerecht. Sie sind in der Lage, technische Produkte ausgehend von der Planung zu gestalten und zu fertigen. Dabei gewinnen sie durch eigene Tätigkeit Kenntnisse über einfache Fertigungsprozesse in der Technik.
Bewertung
Die Schülerinnen und Schüler setzen sich mit sich, ihrer Umwelt und ihren Alltagsfragen zu Naturphänomenen auseinander. Dabei finden sie eigene Positionen und können diese ausdrücken. Sie lernen, zu einer Frage- oder Problemstellung eine eigene Position zu beziehen und zu vertreten sowie respektvoll mit anderen Positionen umzugehen. Sie bewerten und reflektieren ihr Vorgehen und ihr Ergebnis nach unterschiedlichen Kriterien.
1.3 Didaktische Hinweise
Der Unterricht der Fächergruppe BNT baut auf den im Sachunterricht erworbenen Kompetenzen auf und führt diese fort. Ein vorrangiges Anliegen des Unterrichts in BNT ist es, die Schülerinnen und Schüler für die Wahrnehmung und Bearbeitung von technischen und naturwissenschaftlichen Fragestellungen zu begeistern und zu motivieren. Dazu eignen sich die Freude an der Natur und an der Vielfalt des Lebens, das Staunen über Naturphänomene, das Erleben der Technik im Alltag und der Erfolg beim Herstellen eigener Produkte.
Die direkte Naturerfahrung, die eigene Naturbeobachtung, das selbst durchgeführte Experiment und das selbst gelöste technische Problem aus der Lebenswelt der Schülerinnen und Schüler stehen im Zentrum des Unterrichts. Primärerfahrungen sind Sekundärerfahrungen vorzuziehen. Dazu ist es notwendig, Lernorte außerhalb des Schulgebäudes aufzusuchen oder Langzeitbeobachtungen durchzuführen und zu dokumentieren. Darauf aufbauend können ausgewählte fachwissenschaftliche Inhalte und mediatisiertes Wissen die eigenen Erfahrungen der Schülerinnen und Schüler ergänzen und erweitern sowie praktischen Nutzen aufzeigen.
Die Schülerinnen und Schüler entwickeln ein Gespür für die Auswirkungen ihres Handelns, und leiten daraus Verhaltensweisen für den Alltag ab. Der klassische Projektgedanke kann bei der Planung von Unterrichtseinheiten in diesem Bereich leitend sein.
Die Alltagserfahrungen und Präkonzepte der Schülerinnen und Schüler stellen den Ausgangspunkt für Lernprozesse dar. Bereits vorhandene Kompetenzen werden dabei aufgegriffen und erweitert.
Naturwissenschaften und Technik verfolgen unterschiedliche Wege der Erkenntnisgewinnung. Die Schülerinnen und Schüler sollen den Unterschied zwischen naturwissenschaftlichen und technischen Fragestellungen erkennen: Die Naturwissenschaften fragen nach dem „Warum“, die Technik nach dem „Wie“.
Naturwissenschaftliche Erkenntnisgewinnung geht von beobachteten Phänomenen und Fragen an die Natur aus, die zu Vermutungen führen. Diese werden im Experiment überprüft. Wichtig sind Unterrichtsarrangements, die auf wirkliches Verstehen abzielen. Diese sollten die Schülerinnen und Schüler zunächst in eine fragende Haltung versetzen und ermutigen, eigene Hypothesen aufzustellen und zu diskutieren. Die Schülerinnen und Schüler entwickeln Ideen zur Überprüfung ihrer Hypothesen und lernen naturwissenschaftliche Verfahren kennen. Anschließend werden die Hypothesen mithilfe eines Experiments oder Unterrichtsarrangements von den Schülerinnen und Schülern selbst überprüft, gemeinsam erörtert und gegebenenfalls selbst oder durch geeignete Modelle und Repräsentationen korrigiert und erweitert. Bei der Arbeit mit Modellen und Analogien ist ein differenzierter Blick auf die individuellen Lernvoraussetzungen der Schülerinnen und Schüler und den Kern des Unterrichtsinhalts notwendig. Trägt das Modell oder die Analogie zur Beantwortung der handlungsleitenden Fragestellung bei oder verfälscht es eher das Verständnis der Schülerinnen und Schüler? Erklärungsansätze sollen weitgehend von den Schülerinnen und Schülern formuliert werden. Ergebnisse werden dokumentiert und in Bezug zur Ausgangsfragestellung gesetzt.
In der Technik steht zunächst der handlungsorientierte Erwerb grundlegender Fertigkeiten im Vordergrund. In der Folge rückt die Lösung eines technischen Problems in den Mittelpunkt. Dabei gehört der individuelle Lösungsweg zum Produkt ebenso zum Prozess wie auch die fachgerechte Qualität des Ergebnisses selbst. Auch kann das Lösen des gestellten Problems ein größeres Anliegen sein als das vollständige Verständnis der Funktion des Produkts. Der Einsatz vorgefertigter Bausätze kann den Lösungsweg neben den individuellen Lösungsansätzen ergänzen.