Islamische Religionslehre sunnitischer Prägung
Leitgedanken zum Kompetenzerwerb
Prozessbezogene Kompetenzen zurücksetzen
  • 2.1 Wahrnehmungs- und Darstellungskompetenz
    • 2.1 Wahrnehmungs- und Darstellungskompetenz
    • in ihrem Lebensumfeld zwischen islamischen, anders religiösen und nichtreligiösen Phänomenen unterscheiden, sie darstellen und in Beziehung zu ihrem eigenen Leben setzen sowie eigene und andere Interessen und Sichtweisen herausarbeiten und charakterisieren
    • über praktische wie theoretische Grundlagen einer islamischen Lebenseinstellung in Vergangenheit und Gegenwart Auskunft geben
    • religiöse Themen und Inhalte benennen, Inhalte zentraler Textstellen aus Koran und Hadithen darlegen, Grundformen religiöser Sprache und Praxis und fachbezogene Begriffe bestimmen und theologisch einordnen
    • im gesellschaftlichen Umfeld religiös-kulturelle Ausdrucksformen beschreiben, religiöse und nicht-religiöse Optionen der Weltdeutung und Lebensgestaltung unterscheiden sowie Situationen, in denen religiöse und existenzielle Fragen des Lebens bedeutsam werden oder in denen Wertekonflikte auftreten, identifizieren
  • 2.2 Deutungskompetenz
    • 2.2 Deutungskompetenz
    • religiöse Motive und Elemente sowie religiöse Ausdrucksformen oder ästhetische, geistige und spirituelle Dimensionen von Religion erleben, deren Bedeutung erfassen und erläutern sowie reflektieren, die Sprache des Korans deuten, mediale und künstlerische Umsetzungen religiöser Motive in ihrer Eigenart identifizieren, auf die islamische Glaubensvorstellung hin überprüfen und einordnen
    • Besonderheiten rituell bedeutsamer Situationen erläutern, religiöse Aspekte in ihrem Lebensumfeld systematisieren und analysieren, islamische mit anders religiösen und nichtreligiösen Positionen und Fragestellungen vergleichen sowie deskriptive und normative Aussagen unterscheiden
    • aktuelle Fragestellungen und Herausforderungen erfassen und auf die Lehren des Korans und der Sunna beziehen
    • die eigene Lebenssituation mit Blick auf die Lebens- und Wirkungsweise bedeutender Gestalten der islamischen Geschichte und Überlieferung interpretieren, islamische Prinzipien erklären, in diskursiven Situationen einbringen und dabei unterschiedliche Deutungen und Lösungsansätze mit Blick auf die Wahrheitsfrage einbeziehen
  • 2.3 Urteilskompetenz
    • 2.3 Urteilskompetenz
    • Situationen ethischer und religiöser Grunderfahrungen, ethische und religiös-kulturelle Diskussionen sowie theologische Diskurse in ihren Grundzügen nachvollziehen, sich damit auseinandersetzen, eigene Fragestellungen daraus entwickeln, argumentativ begründet eine eigene Position einnehmen und vertreten
    • ihr eigenes religiöses Selbstkonzept in Ansätzen formulieren und zu Koran und Sunna in Beziehung setzen sowie die Bedeutung des Glaubens für die eigene Lebensorientierung erörtern
    • den Einfluss von analogen und digitalen Medien auf die Konstruktion sozialer Wirklichkeit kritisch reflektieren
    • Zweifel und Kritik an Religion prüfen sowie religiöse Glaubensfragen und -aussagen reflektieren, interpretieren, beurteilen und auf die eigene Lebenswirklichkeit übertragen
    • lebensförderliche und lebensfeindliche Erscheinungsformen von Religion, Denk- und Handlungsmustern unterscheiden und beurteilen sowie Modelle ethischer Urteilsbildung bewerten und beispielhaft anwenden
  • 2.4 Dialog- und Sozialkompetenz
    • 2.4 Dialog- und Sozialkompetenz
    • sich in Offenheit und Respekt mit Ideen, Meinungen und Lebensweisen anderer auseinandersetzen, anderen Menschen mit Wertschätzung, Achtsamkeit und Sensibilität begegnen, sich in Gedanken, Gefühle, Sicht- und Verhaltensweisen anderer hineinversetzen und deren Erfahrungen in Bezug zum eigenen Standpunkt bringen
    • über den islamischen Glauben Auskunft geben, eigene Gedanken, Gefühle und Sichtweisen zum Ausdruck bringen und begründet einen eigenen Standpunkt vertreten, mit anderen Standpunkten vergleichen, Gemeinsamkeiten und Unterschiede wahrnehmen, eigene sowie andere Sichtweisen kritisch reflektieren und eigene Positionen weiterentwickeln
    • mit anderen verantwortungsbewusst umgehen sowie Konflikte respektvoll, friedlich und konstruktiv austragen
  • 2.5 Gestaltungs- und Handlungskompetenz
    • 2.5 Gestaltungs- und Handlungskompetenz
    • Kategorien verantwortlichen Handelns auch in sensiblen Bereichen entwickeln und deren Praxisrelevanz reflektieren
    • mit ethisch-religiösen Denk- und Handlungsformen sinnvoll und sachgerecht umgehen, an diesen erprobend teilnehmen und ihre Erfahrungen reflektieren
    • anders religiöse und nichtreligiöse Ausdrucksformen aufzeigen, mit islamisch geprägten vergleichen, im Alltag mit der Vielfalt umgehen und religiös relevante Ausdrucksformen und Standpunkte ästhetisch, künstlerisch, medial sowie addressatenbezogen zum Einsatz bringen
    • islamisch begründete Handlungsmöglichkeiten situationsgemäß entwerfen und reflektiert umsetzen
    • Besonderheiten islamischer Feste zur Gestaltung des Schullebens einbringen, interreligiöse Begegnungsmöglichkeiten schaffen, gemeinsame Vorhaben entwickeln und durchführen
  • 2.6 Methodenkompetenz
    • 2.6 Methodenkompetenz
    • unterschiedliche methodische Zugänge des Verstehens wie Reflektieren, Fragenstellen, Hinterfragen, Sich-Einfühlen, Zuhören, Erfahren, Erzählen in beispielhaften Kontexten entfalten und sachgerecht anwenden
    • zwischen methodisch unterschiedlichen Zugängen zum Islam als Religion und Lebensweise unterscheiden und diesen Perspektivenwechsel kategorial zuordnen
    • Diskurs- und Problemlösungsstrategien in exemplarischen islamisch-religiösen Bezügen entwickeln
    • einfache hermeneutische Instrumente aus der islamischen Tradition und aus neueren Zugängen in ihren Ansätzen zur Erschließung islamischer Quellen anwenden
    • Regeln der islamischen Rechtsfindung in ihren Grundzügen anhand ethisch-moralischer sowie theologischer Aussagen exemplarisch identifizieren und auf eigene oder neue ethisch-moralische oder theologische Fragen ansatzweise anwenden

Operatoren

Anhänge zu Fachplänen

3.4.1 Mensch – Glau­be – Ethik

Die Schü­le­rin­nen und Schü­ler ler­nen Ant­wor­ten auf die Sinn­fra­ge ken­nen und ent­fal­ten so ein ihr Mensch­sein be­ja­hen­des selbst­be­wuss­tes Ver­ständ­nis von Glau­ben. Sie ent­wi­ckeln Ver­ständ­nis für die in­ne­ren Di­men­sio­nen der Re­li­gi­on und re­flek­tie­ren den Um­stand, dass prak­ti­sche Re­li­gio­si­tät in der Ge­gen­wart für vie­le Men­schen un­se­rer Ge­sell­schaft an Be­deu­tung ver­lo­ren hat. Sie set­zen sich mit na­tur­wis­sen­schaft­lich ar­gu­men­tie­ren­den und phi­lo­so­phi­schen Zu­gän­gen zur Sinn­fra­ge aus­ein­an­der, zie­hen zu­sätz­lich An­sät­ze is­la­mi­scher Phi­lo­so­phie und Theo­lo­gie her­an und er­schlie­ßen die Ver­ein­bar­keit von Glau­ben und Ver­nunft. Sie er­fas­sen, dass In­di­vi­dua­li­sie­rung und Ma­te­ria­lis­mus das ethi­sche Ver­ant­wor­tungs­be­wusst­sein der Men­schen im­mer wie­der neu her­aus­for­dern, Le­ben und Tod durch ver­än­der­te Er­fah­run­gen und Be­din­gun­gen der heu­ti­gen Ge­sell­schaft und Welt nach neu­en Ant­wor­ten ver­lan­gen und dass die Theo­di­ze­e-Fra­ge be­dingt durch Ar­mut, Hun­ger und Krieg in stets neu­en Kon­tex­ten be­ant­wor­tet wer­den muss. Sie be­fas­sen sich mit der Her­aus­for­de­rung an den gläu­bi­gen Men­schen sich an ethi­sche Prin­zi­pi­en des Is­lam zu bin­den und selbst­los nach mo­ra­li­scher und spi­ri­tu­el­ler Rei­fung so­wie Er­kennt­nis zu stre­ben.

Die Schü­le­rin­nen und Schü­ler kön­nen
(1)

die Re­le­vanz der Fra­ge nach dem Sinn des Le­bens und da­mit auch des To­des er­fas­sen, dies in Be­zie­hung zur Fra­ge nach Gott und Of­fen­ba­rung set­zen und die is­la­mi­sche Vor­stel­lung vom Sinn des Le­bens und des To­des er­schlie­ßen

(2)

aus Ko­ran und Sun­na ab­lei­ten, dass der Glau­be an Gott und die Hin­ga­be an Sei­nen Wil­len dem Men­schen Hil­fe bei der Ge­stal­tung und Be­wäl­ti­gung sei­nes Le­bens bie­tet und ver­ant­wor­te­ter, ver­in­ner­lich­ter so­wie re­flek­tier­ter Glau­be Grund­la­ge und Vor­aus­set­zung is­la­mi­schen Han­delns für das per­sön­li­che wie auch ge­mein­schaft­li­che Le­ben ist

(3)

wahr­neh­men, dass vie­le Men­schen kei­nen Be­zug mehr zu Re­li­gi­on und Glau­ben ha­ben und es kon­kur­rie­ren­de Kon­zep­te der Le­bens­ge­stal­tung und der Be­ant­wor­tung der Sinn­fra­ge gibt (zum Bei­spiel Na­tur­wis­sen­schaf­ten, nicht­re­li­giö­se oder re­li­gi­ons­kri­ti­sche phi­lo­so­phi­sche Kon­zep­tio­nen), und die Re­le­vanz die­ser Ent­wick­lun­gen auf das re­li­giö­se Selbst­ver­ständ­nis re­flek­tie­ren

(4)

agnos­ti­sche und athe­is­ti­sche Vor­stel­lun­gen bei­spiel­haft er­ar­bei­ten, die­se in Be­zug zu Ethik und Mo­ral set­zen, von re­li­giö­sem Den­ken un­ter­schei­den und mit dog­ma­ti­schen so­wie ethi­schen Di­men­sio­nen des ko­ra­ni­schen kufr-Be­griffs ver­glei­chen, re­li­gi­ons­kri­ti­sche An­sät­ze im­ma­nent so­wie an­hand von Of­fen­ba­rung und Got­tes­glau­ben re­flek­tie­ren und über­prü­fen [LF]

(5)

die ge­gen­sei­ti­ge Ab­hän­gig­keit von Got­tes- und Sinn­fra­ge auf­zei­gen, ex­em­pla­risch die Re­le­vanz des Glau­bens in Zei­ten von Mo­der­ne und Sä­ku­la­ris­mus be­grün­den und er­schlie­ßen, dass es auch mys­ti­sche Di­men­sio­nen und Kon­zep­te des Glau­bens gibt (zum Bei­spiel Rūmī, al-G­ha­zālī, Ibn al-ʿA­ra­bī, Ibn Sīnā, Mul­la Ṣa­drā) [LF]

(6)

die Theo­di­ze­e­fra­ge mit Blick auf die Welt nach­voll­zie­hen und das Ver­hält­nis von der Exis­tenz des Bö­sen wie auch Leid und der All­macht und Lie­be Got­tes an­hand des Ko­rans in An­sät­zen un­ter­su­chen, die theo­lo­gi­sche Kon­struk­ti­on des Bö­sen (Sa­tan, al-n­afs al-am­mā­ra, fit­na) auf die Sinn­fra­ge be­zie­hen (zum Bei­spiel Got­tes­furcht (taqwā)) und is­la­mi­sche Ant­wor­ten aus Ver­gan­gen­heit und Ge­gen­wart auf die Theo­di­ze­e­fra­ge ex­em­pla­risch dis­ku­tie­ren

(7)

ver­ein­fach­te Be­ur­tei­lun­gen von Glau­ben durch an­de­re, auch aus ih­rer nicht­re­li­giö­sen Um­welt, von ih­rem re­li­giö­sen und spi­ri­tu­el­len Selbst­bild un­ter­schei­den, sich in Em­pa­thie be­son­ders auch ge­gen­über nicht re­li­giö­sen Men­schen üben und so ein ge­sun­des Selbst­be­wusst­sein ent­wi­ckeln, um sich ver­ant­wor­tungs­voll in der Ge­sell­schaft zu ver­or­ten

(8)

ex­em­pla­risch Ein­flüs­se fun­da­men­ta­ler Kon­zep­te der an­ti­ken Phi­lo­so­phie auf das is­la­mi­sche Den­ken so­wie grund­le­gend dis­ku­tier­te Fra­gen der is­la­mi­schen Phi­lo­so­phie und Theo­lo­gie in An­sät­zen er­schlie­ßen und her­aus­ar­bei­ten, wie in der is­la­misch-phi­lo­so­phi­schen und -theo­lo­gi­schen Tra­di­ti­on die Ver­ein­bar­keit von Ver­nunft und Glau­be be­grün­det und Ver­nunft und Of­fen­ba­rung als sich er­gän­zen­de We­ge zu all­ge­mei­ner so­wie re­li­giö­ser Er­kennt­nis ver­stan­den wur­den (zum Bei­spiel al-Mā­turīdī, al-G­ha­zālī, Ibn Rushd) [LF]

(9)

er­fas­sen, dass In­di­vi­dua­li­sie­rung und Ego­is­mus eh­ren­amt­li­chen Ein­satz für den an­de­ren her­aus­for­dert, die zu­neh­men­de Be­deu­tung der Ein­bin­dung is­la­mi­scher Ethik in Be­ruf, Ge­sell­schaft, Wirt­schaft und Po­li­tik auf­zei­gen (zum Bei­spiel is­la­mi­sche Seel­sor­ge) so­wie die grund­le­gen­den Wer­te der is­la­mi­schen Ethik (zum Bei­spiel Em­pa­thie, So­li­da­ri­tät, Frie­den, so­zia­les En­ga­ge­ment, ge­rech­tes und to­le­ran­tes Ver­hal­ten) als ste­te und zeit­lo­se Hil­fen zur Be­wäl­ti­gung des All­tags deu­ten

(10)

die zeit­li­che Be­grenzt­heit des Le­bens ge­mäß den Vor­stel­lun­gen des Is­lam er­schlie­ßen und die­se de­nen an­de­rer Re­li­gio­nen oder Welt­an­schau­un­gen ge­gen­über­stel­len (Tod und Auf­er­ste­hung in Ju­den- und Chris­ten­tum, Re­inkar­na­ti­ons­leh­re im Hin­du­is­mus und Bud­dhis­mus, nicht­re­li­giö­se Ein­stel­lun­gen), um Em­pa­thie für an­de­re Men­schen zu ent­fal­ten und die ei­ge­ne Vor­stel­lung zu re­flek­tie­ren

(11)

die Fra­ge nach Gren­zen und Be­grenzt­heit des Le­bens in Zei­ten mo­der­ner Tech­nik und Me­di­zin an­hand von is­la­mi­schen Quel­len, ak­tu­el­len ge­sell­schaft­li­chen Her­aus­for­de­run­gen und ethi­schen Fra­ge­stel­lun­gen dis­ku­tie­ren (zum Bei­spiel Ster­be­hil­fe, Or­gan­spen­de, Or­gan­han­del, le­bens­ver­län­gern­de me­di­zi­ni­sche Maß­nah­men) und mög­li­che Kon­se­quen­zen der Be­grenzt­heit für das ei­ge­ne Le­ben er­ör­tern (zum Bei­spiel be­wuss­tes und ver­ant­wor­te­tes Le­ben, Zu­ver­sicht, Le­bens­freu­de) [LF]

(12)

phi­lo­so­phi­sche (zum Bei­spiel ka­te­go­ri­scher Im­pe­ra­tiv, Uti­li­ta­ris­mus) und is­la­mi­sche Be­grün­dun­gen von Ethik ex­em­pla­risch mit­ein­an­der ver­glei­chen und dar­stel­len, in­wie­weit ethi­sche Sys­te­me be­stimm­te Wer­te über den di­rek­ten Ei­gen­nutz des Han­deln­den stel­len, dies mit der is­la­mi­schen Per­spek­ti­ve ver­glei­chen und Kern­ele­men­te für ei­nen grund­le­gen­de ethi­sche Über­ein­stim­mun­gen über die Gren­zen von Re­li­gi­on und Welt­an­schau­ung hin­weg for­mu­lie­ren


Umsetzungshilfen
Hinweis
Die Beispielcurricula, Synopsen und Kompetenzraster sind bei den inhaltsbezogenen Kompetenzen des jeweiligen Faches zu finden.