1.1 Bildungsgehalt des Faches Geographie
Die Schülerinnen und Schüler im Förderschwerpunkt Lernen erwerben im Fach Geographie grundlegende Kompetenzen in den Bereichen der Topographie, der politischen, kulturellen und wirtschaftlichen Geographie sowie einfache Grundlagen der Geologie, die auf den in der Grundstufe im Fach Sachunterricht erworbenen Kompetenzen aufbauen. Dabei lernen sie, sich in lebensnahen Lernsituationen räumlich und politisch zu orientieren, entwickeln möglichst konkrete und nachhaltige Handlungsperspektiven und -alternativen, bilden persönliche Handlungsmöglichkeiten aus und können so zu eigenen Werthaltungen gelangen. Die Schule nimmt existenzielle Fragen der Schülerinnen und Schüler ernst, stellt sie in den Mittelpunkt des Lernens und hilft beim Entwurf individueller Lebensperspektiven. Zusammenhänge zu anderen Fächern wie Geschichte und Gemeinschaftkunde sind zu betonen und in fächerübergreifenden Projekten dementsprechend zu planen.
Fachübergreifende Aspekte des Faches Geographie zu den Lebenfeldern und Leitperspektiven
Das Fach Geographie steht in besonders enger didaktischer Vernetzung mit anderen Fächern, wie etwa Geschichte, Biologie, Mathematik, Religion, Gemeinschaftskunde sowie mit den Lebensfeldern (Personales Leben [PER], Soziales und gesellschaftliches Leben [SOZ]) und den Leitperspektiven und knüpft an Fächer aus der Grundstufe (Sachunterricht) an. Diese Verbindungen müssen in der konkreten pädagogischen Arbeit beachtet werden.
Abbildung 1: Verflechtung Lebensfelder – Fach Geographie (© Zentrum für Schulqualität und Lehrerbildung Baden-Württemberg)
Im Fokus des geographischen Beitrags zur Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) steht die Kompetenzerweiterung im System Mensch-Erde-Umwelt in Bezug auf nachhaltige Entwicklung und die damit verbundenen Werte, Normen, Mitwirkungs- und Teilhabemöglichkeiten. Durch die Auseinandersetzung mit fremden Kulturen, gesellschaftlicher Vielfalt, wertorientiertem Handeln sowie mit Formen des interkulturellen Dialogs trägt das Fach Geographie zur Bildung für Toleranz und Akzeptanz von Vielfalt (BTV) bei.
Mit der Auseinandersetzung der räumlichen Auswirkungen landwirtschaftlicher und industrieller Produktion und den Folgen des Klimawandels liefert der Geographieunterricht auch eine Möglichkeit zur Gesundheitsförderung sowie zur Selbstregulation des Denkens, Fühlens und Handelns der Schülerinnen und Schüler. Bezüge zur Leitperspektive Verbraucherbildung (VB) bilden sich insbesondere bei den Themen Umgang mit Ressourcen, Bedürfnissen und Wünschen, Qualität von Konsumgütern sowie dem Alltagskonsum ab.
Im Bereich Berufliche Orientierung (BO) können Betriebserkundungen und die damit verbundenen Informationen über Berufe (Landwirtschaft, Tourismus, Industrie in bestimmten Regionen) mit wirtschaftsgeographischen Sachverhalten verbunden werden.
1.2 Kompetenzen
Im Geographieunterricht stehen jeweils lokal, regional und global gedacht folgende Kompetenzfelder im Mittelpunkt:
- Natur- und Kulturräume
- Erdoberfläche/Topographie
- Wetter und Klima
- Gesellschaft/Wirtschaft
In diesen Kompetenzfeldern werden fachspezifische sowie prozessbezogene Kompetenzen miteinander verknüpft. Dazu zählt etwa die Fähigkeit, geographische Informationsmaterialien zu lesen, zusammenzufassen sowie Teile davon umzusetzen. Dabei sind problemlösungsorientierte Unterrichtsmethoden wie Versuche, Experimente, Planspiele und Projekte kompetenzfördernde Zugänge.
Die Kompetenz, geographische Informationen grafisch zu gestalten, sowie die Fähigkeit, geographische Sachverhalte mithilfe geeigneter Medien zu verstehen und darzustellen, sind Teil des Unterrichts. Die Schülerinnen und Schüler lernen, sich raum-zeitlich auf lokaler, regionaler und globaler Ebene zu orientieren, indem sie unterschiedliche Medien und Materialen nutzen oder erstellen.
Sie erweitern die zunächst primär topographisch ausgerichtete räumliche Orientierungskompetenz sukzessive hin zu einer systemischen Orientierungskompetenz.
Zudem ermöglicht die erworbene Urteilskompetenz den Schülerinnen und Schülern, Strukturen und Prozesse in ihren lokalen, regionalen und globalen natur- und humangeographischen Wechselwirkungen zu bewerten und möglichst in zukunftsfähige Lösungsansätze zu überführen.
Der Geographieunterricht fördert durch den Einsatz vielfältiger Methoden des kooperativen und selbstorganisierten Lernens sowie durch fächerübergreifenden, themen- und projektorientierten Unterricht die soziale und personale Kompetenzentwicklung.
1.3 Didaktische Hinweise
Die oben beschriebenen Kompetenzen lassen sich insbesondere durch eine enge Verzahnung und fächerübergreifend behandeln. Ebenso wirksam ist es, jeweils regionale und aktuelle Ereignisse und Phänomene zu den oben genannten Bereichen einzupflegen, um im Unterricht einen hohen Lebensweltbezug zu gewährleisten.
Daher gilt es, den Blick auf die Veränderungen der Erde als Lebensraum des Menschen zu fokussieren. Diese Veränderungen, wie der Klimawandel oder die Veränderung gesellschaftlicher Werte, aber auch hochdynamische wie Erdbeben, Vulkanausbrüche oder gesellschaftliche Konflikte, gilt es auf einfache Weise verstehbar zu machen und Handlungsspielräume für das eigene Tun offenzulegen. Der Unterricht fördert und fordert nicht nur die Bereitschaft zur Verständigung und das interkulturelle Lernen, sondern legt auch geographisches Wissen und Verstehen im regionalen, nationalen, internationalen und damit globalen Leben an. Das Fach weckt das Verständnis und die Wertschätzung für das eigene Land wie auch für andere Länder, Völker und Kulturen. Der Aufbau des Faches Geographie fördert die Orientierung im Nahraum und in größeren Zusammenhängen. Anhand konkreter Raumbeispiele erkennen die Schülerinnen und Schüler die Funktionszusammenhänge zwischen menschlichem Handeln und dessen Folgen für das System Erde.
Alters- und entwicklungslogischer Zugang
Das Verstehen von geographischen Phänomenen, Strukturen und Prozessen sowie der komplexen wechselseitigen Beeinflussung von Natur und menschlichem Handeln sind elementar für die Zukunftsfähigkeit jeder Gesellschaft und sollen im Unterricht und in den Lebensfeldern Eingang finden.
Dabei gilt es, entwicklungslogische Zugänge wie vom Konkreten zum Abstrakten oder vom Nahen zum Fernen zu berücksichtigen.
Individuelle Zugänge
Grundlegende Prinzipien des Unterrichts im Förderschwerpunkt Lernen, wie die Lebensweltorientierung, Handlungsorientierung, Erforschen und Explorieren, das Aufgreifen, Korrigieren und Erweitern von Vorwissen, Präkonzepten und Weltvorstellungen und ein hoher Grad an Anschaulichkeit, spielen auch im Fach Geographie eine ebenso besondere Rolle wie individuelle Interessen und Neigungen an geographischen Themen.
Dabei kommt dem Aspekt der didaktischen Reduktion versus Komplexität der Fachwissenschaft eine besondere Bedeutung zu. Das bedeutet, den Schülerinnen und Schülern auch komplexe Zusammenhänge verständlich zu machen und individuell zu vereinfachen, dabei aber weiterhin fachwissenschaftliche Fundierungen beizubehalten. Mithilfe von aktuellen Bezügen aus den Nachrichten und anderen Medien sollen aktuelle Herausforderungen der Gesellschaft für die Schülerinnen und Schüler erlebbar gemacht werden und aufzeigen, wie sie selbst Dinge im kleineren Lebensumfeld verändern und ressourcenschonend für die Erde optimieren können.