1.1 Bildungsgehalt der Fächergruppe Biologie, Naturphänomene und Technik
Die Fächergruppe Biologie, Naturphänomene und Technik (BNT) umfasst die Fächer Biologie, Chemie und Physik sowie den im Bildungsplan 2016 beschriebenen Fächerverbund Biologie, Naturphänomene und Technik (BNT) und schließt an die Kompetenzen aus dem Fach Sachunterricht der Grundstufe an, greift sie auf, erweitert und bereichert sie um neue Erkenntnisse. Ebenso werden die in der Fächergruppe BNT angebahnten technischen Kompetenzen im Fach Technik aufgegriffen, erweitert und um weitere, spezifisch technische Kompetenzen ergänzt.
Die Fächergruppe behandelt verschiedene naturwissenschaftliche Themenbereiche und Phänomene und ermöglicht es den Schülerinnen und Schülern, lebensnahe, körperliche, technische sowie chemische Phänomene zu erkennen, zu erforschen und zu verstehen. Sie bahnt ein Verständnis grundlegender Zusammenhänge an und leitet zum reflektierten und verantwortlichen Handeln an.
Konkrete, aus der Lebenswelt der Schülerinnen und Schüler stammende Themen und Fragestellungen greifen das natürliche Interesse der Schülerinnen und Schüler auf und wecken die Neugier, diese Phänomene zu erforschen und eigene Erfahrungen zu verstehen. Sie lernen Zusammenhänge und einfache Gesetzmäßigkeiten kennen, die ihnen helfen, ihre Vorstellungs- und Erfahrungswelt zu ordnen und zu erweitern. Die Schülerinnen und Schüler werden so zum Beispiel beim Experimentieren mit naturwissenschaftlichen Sicht- und Arbeitsweisen vertraut gemacht.
Eine naturwissenschaftliche Grundbildung ist Voraussetzung, um dem raschen alltäglichen sowie technologischen Wandel gewachsen zu sein sowie Grundlagen für anschlussfähiges Wissen und lebenslangens Lernen zu erlangen. Da körperliche, technische oder chemische Phänomene nahezu alle Lebensbereiche des Menschen beeinflussen, wird auf diese Art und Weise eine Grundbildung angebahnt, die es den Schülerinnen und Schülern ermöglicht, naturwissenschaftliche Fragestellungen zu entwickeln, naturwissenschaftliches Wissen anzuwenden und Folgen menschlichen Handelns abzuschätzen. Daraus ergibt sich die Möglichkeit einer reflektierten und aktiven Teilhabe am Leben in einer sich stetig verändernden Welt.
Somit können die Schülerinnen und Schüler die in dieser Fächergruppe erworbenen Kompetenzen zum Verständnis und zur Bewältigung von Aufgaben in den Bereichen des personalen, des sozialen und gesellschaftlichen, des selbstständigen Lebens und des Arbeitslebens übertragen und zur Alltagsbewältigung nutzen. Somit leistet die Fächergruppe Biologie, Naturphänomene und Technik nicht nur in den anderen Fächern, sondern auch in den Lebensfeldern einen wesentlichen Beitrag zur individuellen Kompetenzerweiterung und zur Teilhabe am Leben.
Bezüge zwischen der Fächergruppe Biologie, Naturphänomene und Technik, anderen Fächern und den Lebensfeldern sind dabei immer in beide Richtungen herzustellen.
Abbildung 1: Verflechtung Lebensfelder – Fächergruppe Biologie, Naturphänomene, Technik (© Zentrum für Schulqualität und Lehrerbildung Baden-Württemberg)
1.2 Kompetenzen
Die Kompetenzen der Fächergruppe Biologie, Naturphänomene und Technik lassen sich in inhalts- und prozessbezogene Kompetenzen unterteilen. Die prozessbezogenen Kompetenzen gliedern sich in Anlehnung an die Vorgaben der Kultusministerkonferenz für die naturwissenschaftlichen Fächer in folgende Bereiche:
Erkenntnisgewinnung
Erkenntnisgewinnung beschreibt das Experimentieren, das Modellieren und Mathematisieren naturwissenschaftlicher Phänomene mit dem Ziel, Einsichten in naturwissenschaftliche Zusammenhänge zu bekommen, individuelle Kompetenzen zu erweitern und Wissen anwenden zu können.
Kommunikation
Der Bereich Kommunikation umfasst das Verbalisieren, Dokumentieren und Präsentieren von Ergebnissen und Erkenntnissen. Dabei verwenden die Schülerinnen und Schüler zunehmend fachsprachliche Elemente und unterschiedliche Darstellungsformen.
Bewertung und Herstellung
Dieser Bereich umfasst sowohl die kriteriengeleitete Bewertung naturwissenschaftlicher Phänomene als auch die kritische Reflexion des eigenen Handelns, die auch die Diskussion von Chancen und Risiken einschließt. Die Schülerinnen und Schüler werden dadurch befähigt, mit sich selbst, mit anderen und mit der Umwelt verantwortungsbewusst umzugehen.
Die prozessbezogenen Kompetenzen werden um folgende inhaltsbezogene Kompetenzen ergänzt:
Mensch
Die Schülerinnen und Schüler werden in diesem Bereich sowohl für körperliche Funktionen als auch für körperliche Entwicklungen sensibilisiert und erkennen die Einzigartigkeit des menschlichen Körpers. Sie lernen, komplexe Vorgänge in ihrem Körper zu erkennen, zu beschreiben und zu verstehen. Dadurch lernen sie, verantwortungs- und gesundheitsbewusst mit dem eigenen Körper umzugehen und sich vor Gefahren zu schützen.
Tiere und Pflanzen
In diesem Bereich setzen sich die Schülerinnen und Schüler mit botanischen und zoologischen Phänomenen auseinander. Sie lernen Besonderheiten von Pflanzen und Tieren kennen und können verschiedene Lebewesen unterscheiden und klassifizieren. Außerdem werden sie an einen verantwortungsbewussten Umgang mit der belebten und unbelebten Umwelt herangeführt.
Ökologie und Umweltschutz
In diesem Kompetenzfeld begreifen die Schülerinnen und Schüler einfache Zusammenhänge innerhalb eines Ökosystems, indem sie Lebensräume anschaulich untersuchen sowie Wechselwirkungen zwischen Organismen und deren Angepasstheit beschreiben und erklären. Die Schülerinnen und Schüler verstehen die Auswirkungen menschlichen Handelns auf die Natur und wissen um die Verschmutzung der Umwelt. Sie können zunehmend Ansätze entwickeln, unsere Umwelt zu schützen und die Ökosysteme mit ihrer Artenvielfalt zu erhalten.
Naturwissenschaftliche Phänomene
In der Auseinandersetzung mit verschiedenen naturwissenschaftlichen Phänomenen wie zum Beispiel mit den Themen Wasser, Wärme, Licht, Optik und Akustik, Luft, Magnetismus und Elektrizität lernen die Schülerinnen und Schüler jeweils Besonderheiten und spezifische Charakteristika dieser Phänomene kennen und erkennen deren Bedeutung für das eigene Leben. Dabei wird jeweils sowohl eine technische als auch eine physikalische beziehungsweise chemische Betrachtung dieser Themen angestrebt, indem beispielsweise sowohl technische als auch physikalische wie chemische Alltagsphänomene zum Ausgangspunkt von Experimenten dienen.
Ebenso werden die Schülerinnen und Schüler, bezogen auf die jeweiligen Themen, zum nachhaltigen Umgang mit begrenzten Ressourcen angeregt.
Diese inhaltsbezogenen Kompetenzen werden auf den folgenden Seiten mithilfe von Kompetenzfeldern explizit vertieft und anhand von Fragestellungen, Kompetenzen und beispielhaften Inhalten illustriert. Die prozessbezogenen Kompetenzen werden dabei nicht separat angebahnt und ausgebildet, sondern liegen jedem inhaltsbezogenen Bereich im Sinne einer Verflechtung zugrunde. Nur durch solch ein konstantes Zusammenwirken inhalts- und prozessbezogener Kompetenzen können die Schülerinnen und Schüler tragfähige naturwissenschaftliche Kompetenzen erwerben, systematisch erweitern und schließlich zu einer erfolgreichen Bewältigung lebensnaher Situationen verwenden. Lehrkräfte müssen daher in jeder Unterrichtsstunde die Wechselwirkung beziehungsweise den engen Zusammenhang zwischen inhaltlichen und prozessbezogenen Kompetenzen erkennen und durch individualisiert gestaltete Unterrichtsangebote provozieren. Um den Unterricht möglichst individualisiert und kompetenzorientiert gestalten zu können, sind bestimmte didaktische Hinweise wichtig.
1.3 Didaktische Hinweise
Individualisierung und Handlungsorientierung
Mit dem Ziel der individuellen Kompetenzerweiterung sollen Lernprozesse im Rahmen strukturierter und angeleiteter Unterrichtsphasen, anknüpfend an das individuell vorhandene Vorwissen und Empfinden der Schülerinnen und Schüler, kumulativ, handlungsorientiert und individuell gestaltet werden.
Sinnstiftendes Experimentieren
Ein Hauptziel des naturwissenschaftlichen Unterrichts ist es, die natürliche Motivation und Begeisterung der Schülerinnen und Schüler für sich selbst, ihre Lebensweise und ihre konkret erfahrbare Umwelt aufzugreifen, zum Ausgangspunkt des Unterrichts zu machen und daran orientiert naturwissenschaftliches Arbeiten anzubahnen. Ein wesentliches Unterrichtselement stellt das Experimentieren, vor allem mit alltäglichen technischen und chemischen Phänomenen, dar. Hierbei steht neben der Freude am Tun die Sicherheit stets im Vordergrund. In Versuchsphasen sollen die Schülerinnen und Schüler zum Vermuten, Staunen, Beobachten, Vergleichen, Ordnen, Messen, Experimentieren, Schlussfolgern, Dokumentieren und Präsentieren angeregt werden und so Handlungskompetenz erlangen. Kooperativen und sozialen Lernphasen kommt dabei eine besondere Bedeutung zu, da die Schülerinnen und Schüler im Austausch mit anderen zu neuen Sichtweisen und Erkenntnissen gelangen.
Einbezug außerschulischer Lernorte
Ebenso hat der Einbezug außerschulischer Lernorte eine große Bedeutung, um die Phänomene der Umwelt möglichst authentisch zu erleben und die Lebenswelt der Schülerinnen und Schüler zu berücksichtigen.
Berücksichtigung des Spannungsfeldes aus Individualisierung und Gemeinsamkeit
Um ein fundiertes naturwissenschaftliches Wissen anzubahnen, müssen die Unterrichtsangebote so gestaltet werden, dass sowohl offenere, kooperative und soziale Lernformen ebenso wie strukturiertere, angeleitete Phasen ihren Platz finden. So kann dem Spannungsfeld aus Individualisierung und Gemeinsamkeit und der bestehenden Heterogenität unter den Schülerinnen und Schülern Rechnung getragen werden. Damit dies gelingen kann, muss die Lehrkraft einerseits die Lernausgangslage der Schülerinnen und Schüler sowie deren Lebenswelt und Interessen erfassen. Andererseits muss sie situativ und flexibel verschiedene Rollen, wie zum Beispiel eine strukturierende, anleitende, aktivierende, erklärende oder begleitende Rolle, einnehmen können und den Schülerinnen und Schülern Handlungsmöglichkeiten auf unterschiedlichen Abstraktionsniveaus eröffnen. Dann wird es möglich, die Schülerinnen und Schüler im Sinne des Scaffoldings in ihrer individuellen Erkenntnisgewinnung zu unterstützen. Daneben sollen die Schülerinnen und Schüler die Möglichkeit erhalten, selbst Themen, Interessen und Fragestellungen einzubringen und an diesen selbstständig zu arbeiten.
Sensibilisierung für nachhaltiges und verantwortungsvolles Handeln
Um schließlich einen verantwortungsvollen, reflektierten und nachhaltigen Umgang mit sich selbst und der Umwelt anzubahnen, werden die Schülerinnen und Schüler, wo immer möglich, für ihre persönliche Umgebung, ihre Gewohnheiten und ihr individuelles Konsumverhalten sensibilisiert und dazu angeregt, Schlussfolgerungen und Handlungsmöglichkeiten für ihr aktuelles und zukünftiges Leben abzuleiten und zu formulieren.
Ein durch diese Hinweise differenzierter naturwissenschaftlicher Unterricht macht es möglich, dass Schülerinnen und Schüler mit heterogenen Voraussetzungen und Kompetenzen miteinander und voneinander lernen und dabei zu eigenverantwortlichen Personen heranwachsen.
Diese Überlegungen verdeutlichen, dass die Fächergruppe Biologie, Naturphänomene und Technik einen wesentlichen Beitrag zur Aktivität und Teilhabe leisten kann.