Fachliche Vorbemerkungen
1. Fachspezifischer Bildungsauftrag
Der Laie denkt beim Begriff „Kommunikationstechnik“ automatisch an das soziale Miteinander. Auch wenn man dieses Wort in eine Internet-Suchmaschine eingibt, stößt man meist auf sozialwissenschaftliche Seiten.
Tatsächlich versteht man unter dem Begriff „Kommunikation“, welcher aus dem Lateinischen kommt und mit „das, was allen gemeinsam ist“ oder „das, was wir miteinander teilen“ übersetzt werden kann, das Mitteilen von Botschaften aller Art. Bei jeder Kommunikation gibt es einen Sender und einen Empfänger, die untereinander Nachrichten austauschen. Für den Transport dieser Nachricht zwischen Sender und Empfänger bedarf es eines Transportmediums. Denkt man an das gesprochene Wort, so sind es die Schallwellen, die Nachrichten über das Medium „Luft“ transportieren.
Generell unterscheidet man zwischen sogenannten allgemeinen und psychologischen Kommunikationsmodellen. Dabei sind die allgemeinen Kommunikationsmodelle interdisziplinärer Natur, d. h. sie nähern sich der Thematik Kommunikation, indem sie Ideen verschiedener Wissenschaftsrichtungen integrieren. Psychologische Kommunikationsmodelle hingegen haben eine eingeschränktere und differenziertere Perspektive (J. Röhner, A. Schütz, „Psychologie der Kommunikation“, 2015).
Im Unterrichtsfach „Kommunikationstechnik“ gehen wir von einem interdisziplinären Ansatz aus, so wie es Claude E. Shannon und Warren Weaver in den 40er-Jahren mit ihrem „Sender-Empfänger-Modell“ entwickelten. Hierbei handelt es sich um einen binären Ansatz mit dem Ziel, den Austausch von Informationen zwischen Sender und Empfänger im nachrichtentechnischen Sinne zu optimieren.
Heute ist der Begriff Kommunikationstechnik in aller Munde, dessen eigentliche Bedeutung wird aber oft vergessen. Wir reden von der Digitalisierung in Alltag und Schule. Doch im Grunde meinen wir damit die Vernetzung von Geräten, die wir im Alltag verwenden. Das reicht vom Smartphone über den Laptop bis zum Drucker. Doch damit nicht genug: Auch Kaffeemaschinen, die im Fehlerfall selbst den Service kontaktieren oder Kühlschränke, die selbstständig Waren nachbestellen, sind Realität. Alle diese vernetzten Dinge sind ohne Kommunikationstechnik nicht denkbar. Die Kommunikationstechnik stellt das Internet erst auf die Füße.
Kommunikationstechnische Anwendungen finden sich also in unterschiedlichsten Bereichen unserer Lebenswelt. Sie bilden die Grundlage für die technisch gestützte Kommunikation. Somit wachsen die Schülerinnen und Schüler in einer Welt heran, die von vernetzten Informationen und deren Aufbereitung sowie Verarbeitung zunehmend beeinflusst werden. Das Unterrichtsfach „Kommunikationstechnik“ im Berufskolleg stellt sich diesem Wandel und sensibilisiert die Schülerinnen und Schüler für den Umgang mit digitalen Medien und Produkten auch hinsichtlich des Datenschutzes und Urheberrechtes.
2. Fachliche Aussagen zum Kompetenzerwerb
Die Kommunikationstechnik zählt zu den gegenwärtigen und zukünftigen Schlüsseltechnologien. Eine wichtige Rolle spielen dabei die Teilnehmersysteme, die das weite Spektrum von weltweiten Computernetzen bis zum lokalen Netzwerk im privaten oder beruflichen Bereich abdecken und zu denen auch konventionelle Kommunikationsformen wie Telefonie gerechnet werden.
Wer das Kommunizieren in Netzen verstehen will, muss sich mit folgenden Fragen auseinandersetzen:
• Wie funktioniert der Datenaustausch über Netze?
• Wie können Datensicherheit und Datenschutz gewährleistet werden?
• Welche neuen Anforderungen ergeben sich durch die heutige und zukünftige Netznutzung?
Das Berufskolleg Informationstechnik greift diese Fragen auf und vermittelt das erforderliche Wissen mit dem Ziel, Schülerinnen und Schüler für die Anforderungen der Zukunft zu qualifizieren.
Dabei erfüllt der Unterricht im Fach „Kommunikationstechnik“ den Bildungsauftrag, indem die Schülerinnen und Schüler einerseits eine allgemeine Problemlösefähigkeit in einer komplexen und vernetzten Welt erreichen und andererseits die Mechanismen ihrer technologischen Grundlagen und Zusammenhänge verstehen und anwenden können. Die Schülerinnen und Schüler werden befähigt, sich Informationen zu beschaffen, sie aufzubereiten und daraus Entscheidungen selbstständig und begründet zu treffen.
Die Inhalte des Unterrichtsfachs „Kommunikationstechnik“ bereiten zielgerichtet auf einschlägige Studiengänge und Berufsausbildungen vor. Als Unterrichtsmethoden dienen insbesondere Methoden, die das eigenständige und selbstverantwortliche Arbeiten der Schülerinnen und Schüler fördern, um dadurch einen Beitrag zur Studierfähigkeit zu leisten. In einem fächerübergreifenden Projekt stellen die Schülerinnen und Schüler anwendungsbezogen die Querverbindungen zwischen den einzelnen Wissensgebieten her.
Die Schülerinnen und Schüler erwerben und vertiefen eine umfassende Handlungskompetenz mit den Dimensionen der sachlichen, methodischen, sozialen und personalen Kompetenz.
Die Sachkompetenz umfasst unter anderem das Analysieren technischer Probleme, das Ermitteln von Wirkungszusammenhängen, das Entwickeln von Lösungen und das Beurteilen von deren Wirksamkeit. Zudem wird die Lösung einer technischen Aufgabe optimiert, indem auch alternative Lösungswege und Lösungsvarianten dargestellt und ausgewertet werden. Die technischen Sachverhalte stellen die Schülerinnen und Schüler möglichst fachsprachlich korrekt dar.
Um eine technische Aufgabe möglichst kreativ zu bewältigen, erweitern die Schülerinnen und Schüler ihre Methodenkompetenz. Sie setzen dabei die in der Kommunikationstechnik verwendeten Netzwerkkomponenten korrekt und zielgerichtet ein und analysieren die Funktionsweise dieser Systeme. Zudem beschaffen sie sich selbstständig unter Nutzung zeitgemäßer Kommunikationsmittel die Informationen, die sie zum Durchführen, Lösen und Dokumentieren benötigen.
Die Ausbildung von fachlichen und personalen Kompetenzen erfolgt im Kommunikationstechnikunterricht ganzheitlich an konkreten Inhalten. Die Schülerinnen und Schüler werden schrittweise an agile Arbeitsmethoden herangeführt und passen ihre Arbeitsweise immer wieder an veränderte Situationen an. Dazu analysieren sie Problemstellungen, erstellen Modelle, entwerfen Lösungsstrategien und führen diese durch. Sie überprüfen Ergebnisse experimentell. Grenzen von Modellvorstellungen werden beschrieben und bewertet. Da moderne informationstechnische Systeme eine hohe Komplexität aufweisen können, werden Teilsysteme entworfen und vernetzt. Sorgfältiges Planen und Dokumentieren wird beim Arbeiten mit diesen Systemen sowie beim Entwickeln von Programmen eingeübt. Die Schülerinnen und Schüler lernen fachbezogen zu kommunizieren, um komplexe Systeme kooperativ zu entwerfen. Arbeitsergebnisse können sie angemessen darstellen und bewerten.
Das Fach „Kommunikationstechnik“ dient hierbei zum Analysieren von Problemstellungen und der jeweiligen Klärung der Aufgabenstellung, sodass eine Planung zur Lösung des Problems erarbeitet werden kann. Das Erarbeiten von Informationen und die Ausführung, d. h. das Lösen der Problemstellung, erfolgt vor allem im Fach „Praktikum Kommunikationstechnik“. Ein Lernen mit Kopf, Herz und Hand ist dadurch gegeben und fördert den Lernerfolg und den Kompetenzausbau.
Das Handlungsprodukt bzw. die Lösung der Problemstellung kann im Fach „Kommunikationstechnik“ beispielsweise der Entwurf eines lokalen Computernetzes oder das Erkennen von Schwachstellen der in einem lokalen Netz eingesetzten Netzwerkkomponenten sein. Die Realisierung des lokalen Netzes und das Absichern der Netzwerkkomponenten werden im Fach „Praktikum Kommunikationstechnik“ in die Realität umgesetzt. Umfangreiche Tests schließen das Projekt ab. Werden dabei Fehler entdeckt, so werden diese anhand des OSI-Referenzmodells oder mit anderen Modellen eingegrenzt und einer Lösung zugeführt. Hierbei werden das Vorgehen und der Lösungsweg von den Schülerinnen und Schülern reflektiert.
Hinweise zum Umgang mit dem Bildungsplan
Der Bildungsplan zeichnet sich durch eine Inhalts- und eine Kompetenzorientierung aus. In jeder Bildungsplaneinheit (BPE) werden in kursiver Schrift die übergeordneten Ziele beschrieben, die durch Zielformulierungen sowie in jeweils einer Inhalts- und Hinweisspalte konkretisiert werden. In den Zielformulierungen werden die jeweiligen fachspezifischen Operatoren als Verben verwendet. Operatoren sind handlungsinitiierende Verben, die signalisieren, welche Tätigkeiten beim Bearbeiten von Aufgaben erwartet werden; eine Operatorenliste ist jedem Bildungsplan im Anhang beigefügt. Durch die kompetenzorientierte Zielformulierung mittels dieser Operatoren wird das Anforderungsniveau bezüglich der Inhalte und der zu erwerbenden Kompetenzen definiert. Die formulierten Ziele und Inhalte sind verbindlich und damit prüfungsrelevant. Sie stellen die Regelanforderungen im jeweiligen Fach dar. Die Inhalte der Hinweisspalte sind unverbindliche Ergänzungen zur Inhaltsspalte und umfassen Beispiele, didaktische Hinweise und Querverweise auf andere Fächer bzw. BPE.
Der VIP-Bereich des Bildungsplans umfasst die Vertiefung, individualisiertes Lernen sowie Projektunterricht. Im Rahmen der hier zur Verfügung stehenden Stunden sollen die Schülerinnen und Schüler bestmöglich unterstützt und bei der Weiterentwicklung ihrer personalen und fachlichen Kompetenzen gefördert werden. Die Fachlehrerinnen und Fachlehrer nutzen diese Unterrichtszeit nach eigenen Schwerpunktsetzungen auf Basis der fächer- und bildungsgangspezifischen Besonderheiten sowie nach den Lernvoraussetzungen der einzelnen Schülerinnen und Schüler.
Der Teil „Zeit für Leistungsfeststellung“ des Bildungsplans berücksichtigt die Zeit, die zur Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung von Leistungsfeststellungen zur Verfügung steht. Dies kann auch die notwendige Zeit für die im Rahmen der Besonderen Lernleistungen erbrachten Leistungen, Nachbesprechung zu Leistungsfeststellungen sowie Feedback-Gespräche umfassen.