Bildungsziel des Wirtschaftsgymnasiums
Die komplexen Zusammenhänge einer arbeitsteiligen, sich fortlaufend und dynamisch entwickelnden Wirtschaft sind prägend für den Alltag und die Zukunft der Arbeitswelt und der Gesellschaft als Ganzes. Die wirtschaftswissenschaftlichen Gymnasien ermöglichen vor diesem Hintergrund den Schülerinnen und Schülern mit entsprechenden Begabungen und Bildungsabsichten den Erwerb einer breiten und vertieften ökonomischen Allgemeinbildung, die im Sinne einer Wissenschaftspropädeutik zur Studierfähigkeit führt und gleichzeitig eine berufliche Profilierung für anspruchsvolle Tätigkeiten und Führungspositionen in Wirtschaft und Verwaltung bietet.
Durch das richtungsspezifische Profilfach wird den Schülerinnen und Schülern eine spezifische Schwerpunktsetzung ihrer ökonomischen Bildung gegeben.
Ökonomische Zusammenhänge zu durchdringen und entsprechende Problemstellungen erfolgreich und nachhaltig lösen zu können, erfordert im Sinne der Handlungskompetenz neben wirtschaftlichen Fachkompetenzen auch methodische, soziale und personale Kompetenzen. Das Wirtschaftsgymnasium ermöglicht durch umfassende Einsichten in das komplexe System der arbeitsteiligen Wirtschaft den Erwerb dieser Kompetenzen. Dabei werden unter Beachtung der Heterogenität der Schülerinnen und Schüler insbesondere die Fähigkeiten gefördert, theoretische Erkenntnisse nachzuvollziehen, schwierige Sachverhalte geistig zu durchdringen sowie vielschichtige Zusammenhänge zu durchschauen, zu ordnen und verständlich darzustellen. Dies qualifiziert Schülerinnen und Schüler zu selbstständigem, rationalem und kritisch reflektierendem Handeln im privaten, beruflichen und gesellschaftlichen Leben.
Fachbezogene Vorbemerkungen
1. Fachspezifischer Bildungsauftrag
Weltweite demografische Veränderungen, fortschreitende Digitalisierung und Globalisierung der Wirtschaft und Gesellschaft, die Notwendigkeit alternativer Wirtschaftskonzepte zur Erhaltung einer lebenswerten Umwelt gepaart mit der zunehmenden globalen Bedeutung der Schwellenländer werden die Stellung der Industrienationen, unter anderem die der Bundesrepublik Deutschland, in der Weltwirtschaft nachhaltig verändern. In diesem dynamischen Umfeld müssen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer neben einer hohen Fach- und Sozialkompetenz das Know-how und die Bereitschaft mitbringen, um sich den Anforderungen der internationalen Arbeitswelt erfolgreich zu stellen. Zielsetzung des internationalen Profils ist es, den Schülerinnen und Schülern mithilfe problemorientierter Aufgabenstellungen und eingebettet in einen internationalen Kontext eine wirtschaftswissenschaftliche Grundbildung zu vermitteln sowie sie mit der erforderlichen Handlungs- und Sprachkompetenz auszustatten, damit sie komplexe Anforderungen auf internationalem Parkett sicher bewältigen können.
2. Fachliche Aussagen zum Kompetenzerwerb, prozessbezogene Kompetenzen
Zur Erreichung der Bildungsziele muss der Unterricht problemorientiert gestaltet werden und aktuelle, internationale Bezüge aufweisen. Die Analyse von Strukturzusammenhängen, Zielkonflikten und Dilemmasituationen ermöglicht das Aufzeigen von Problemlösungsansätzen aus ganzheitlicher Sicht und vernetztes Denken. Neben den für die Lösung wirtschaftlicher Probleme typischen Denkweisen und Methoden (prozedurales Wissen) ist dafür eine gesicherte Basis an Begriffen und Strukturen (deklaratives Wissen) unerlässlich. Ein gut strukturiertes und breites Grundlagenwissen ist darüber hinaus unabdingbare Voraussetzung, um Probleme zu erkennen und zu verstehen, diese zu reflektieren, kreative Lösungen zu finden und sich eine eigene Meinung zu bilden. Um diesen Bildungszielen gerecht zu werden, müssen neben der fachlichen Befähigung auch methodische, personale und soziale Kompetenzen gefördert werden.
Der Bildungsplan ist geprägt vom Spannungsfeld zwischen ökonomischen und ethischen Prinzipien. Dies erfordert, dass sich die Schülerinnen und Schüler kritisch mit den Herausforderungen auseinandersetzen und damit zugleich ihre Handlungskompetenzen erweitern mit den Dimensionen der fachlichen, methodischen, sozialen und personalen Kompetenz. Ökonomische und daraus resultierende gesellschaftliche bzw. politische Problemlagen und Zielkonflikte sind systemisch zu erkennen, zu erklären und aus unterschiedlichen Perspektiven unter Berücksichtigung der jeweiligen Interessenlagen und Wertorientierungen zu untersuchen (vgl. Einheitliche Prüfungsanforderungen in der Abiturprüfung Wirtschaft der KMK i. d. F. vom 16.11.2006).
3. Bilingualer Unterricht im Fach „Internationale Volks- und Betriebswirtschaftslehre“
Bilingualer Unterricht bedeutet für den vorliegenden Bildungsplan, dass das Fach „Internationale Volks- und Betriebswirtschaftslehre“ in den ausgewiesenen Bildungsplaneinheiten in der Fremdsprache Englisch unterrichtet wird. Die Zielrichtung ist hierbei eine andere als im Fremdsprachenunterricht, d. h. die Didaktik des Faches Wirtschaft bestimmt das Unterrichtsgeschehen. Die Fremdsprache wird zur Arbeitssprache, wobei auf eine adäquate Fehlertoleranz in der Fremdsprache zu achten ist.
Neben der Zielsprache Englisch kann im bilingualen Unterricht im Bedarfsfall auch das „code switching“, d. h. die Ausgangssprache, angewandt werden, sofern didaktisch-methodische Überlegungen, wie z. B. eine eindeutige Semantisierung oder die Sicherung der Fachkompetenz dies erforderlich machen. Die Schülerinnen und Schüler sollen die Kompetenz erwerben, die Zielsprache gleichwertig zur Ausgangssprache zu verwenden. Der Erwerb der bilingualen Kompetenz steht somit im Vordergrund.
4. Ergänzende fachliche Hinweise
Elektronische Hilfsmittel kommen zur Anwendung, um die Schülerinnen und Schüler mit Möglichkeiten vertraut zu machen, ökonomische Sachverhalte unter Verwendung aufbereiteter entscheidungsrelevanter Informationen zu beurteilen und sachgerechte Entscheidungen zu treffen. Darüber hinaus dienen die elektronischen Hilfsmittel vor allem zur Informationsbeschaffung im Internet und zur Aufbereitung und Präsentation von Arbeitsergebnissen. Gesetzestexte werden zur Erarbeitung und Bearbeitung von Fällen als Hilfsmittel eingesetzt.
Vor dem Hintergrund der beschriebenen Stoffanordnung ist es naheliegend, die Themengebiete der Eingangsklasse in der vom Bildungsplan vorgesehenen sachlogisch und didaktisch begründeten Reihenfolge zu unterrichten. Wegen der Querverbindungen und der möglichen Vernetzung zwischen den einzelnen Bildungsplaneinheiten sollen demgegenüber in den Jahrgangsstufen 1 und 2 Volks- und Betriebswirtschaftslehre parallel zueinander unterrichtet werden.
Hinweise zum Umgang mit dem Bildungsplan
Der Bildungsplan zeichnet sich durch eine Inhalts- und eine Kompetenzorientierung aus. In jeder Bildungsplaneinheit (BPE) werden in kursiver Schrift die übergeordneten Ziele beschrieben, die durch Zielformulierungen sowie Inhalts- und Hinweisspalte konkretisiert werden. In den Zielformulierungen werden die jeweiligen fachspezifischen Operatoren als Verben verwendet. Operatoren sind handlungsinitiierende Verben, die signalisieren, welche Tätigkeiten beim Bearbeiten von Aufgaben erwartet werden. Die für das jeweilige Fach relevanten Operatoren sowie deren fachspezifische Bedeutung sind jedem Bildungsplan im Anhang beigefügt. Durch die kompetenzorientierte Zielformulierung mittels dieser Operatoren wird das Anforderungsniveau bezüglich der Inhalte und der zu erwerbenden Kompetenzen definiert. Die formulierten Ziele und Inhalte sind verbindlich und damit prüfungsrelevant. Sie stellen die Regelanforderungen im jeweiligen Fach dar. Die Inhalte der Hinweisspalte sind unverbindliche Ergänzungen zur Inhaltsspalte und umfassen Beispiele, didaktische Hinweise und Querverweise auf andere Fächer bzw. Bildungsplaneinheiten.
Der VIP-Bereich des Bildungsplans umfasst die Vertiefung, individualisiertes Lernen sowie Projektunterricht. Im Rahmen der hier zur Verfügung stehenden Stunden sollen die Schülerinnen und Schüler bestmöglich unterstützt und bei der Weiterentwicklung ihrer personalen und fachlichen Kompetenzen gefördert werden. Die Fachlehrerinnen und Fachlehrer nutzen diese Unterrichtszeit nach eigenen Schwerpunktsetzungen auf Basis der fächerspezifischen Besonderheiten und nach den Lernvoraussetzungen der einzelnen Schülerinnen und Schüler.
Der Teil „Zeit für Leistungsfeststellung“ des Bildungsplans berücksichtigt die Zeit, die zur Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung von Leistungsfeststellungen zur Verfügung steht. Dies kann auch die notwendige Zeit für die gleichwertige Feststellung von Schülerleistungen (GFS), Nachbesprechung zu Leistungsfeststellungen sowie Feedback-Gespräche umfassen.