Fachbezogene Vorbemerkungen
1. Fachspezifischer Bildungsauftrag (Bildungswert des Faches)
Im Profilfach Ernährung und Chemie erwerben die Schülerinnen und Schüler fundierte Kenntnisse über physiologische und chemische Vorgänge. Diese ernährungswissenschaftlichen und chemischen Kompetenzen ermöglichen es ihnen, sich zu Sachfragen und Problemen der bedarfsgerechten, nachhaltigen Ernährung ein Urteil zu bilden und neue Entwicklungen einzuschätzen.
Im Fokus dieses interdisziplinären Faches mit den beiden Teilbereichen Ernährung und Chemie stehen deshalb die Vermittlung grundlegender Kompetenzen über biochemische Prozesse sowie physiologische und pathophysiologische Vorgänge im menschlichen Körper. Dabei erschließt sich den Schülerinnen und Schülern Wissen zu ernährungsmedizinischen, präventiven und diätetischen Fragestellungen. Insbesondere werden Inhaltsstoffe von Lebensmitteln und ihre Veränderungen bei der Verarbeitung wie z. B. in der Lebensmitteltechnologie betrachtet.
Daher werden Zusammenhänge und Gesetzmäßigkeiten zu Stoffaufbau und zu anorganischen und organischen Stoffklassen sowie deren physikalische und chemische Eigenschaften vermittelt.
Insgesamt wird mit dem Profilfach Ernährung und Chemie eine breite naturwissenschaftliche Basis für Life Sciences gelegt und der MINT-Bereich gestärkt. Die Schülerinnen und Schüler sind damit in der Lage zur Lösung gesamtgesellschaftlicher Probleme beizutragen.
Einbezogen werden können in den praktischen Einheiten Küchen, Labore und Computerräume, je nach Bildungsplaneinheit und Verfügbarkeit. Der vorliegende Bildungsplan bietet hierfür diverse Vorschläge und Anregungen.
Insbesondere der Unterricht im berufsbezogenen Profilfach wirkt an geeigneter Stelle berufsorientierend, so dass die Schülerinnen und Schüler sich in den entsprechenden beruflichen Bereichen im Hinblick auf ihre beruflichen Interessen und Potenziale entwickeln können. Dies zielt darauf ab, dass die Schülerinnen und Schüler für ihren anschließenden bzw. späteren Übergang in Ausbildung, Studium und Beruf eine qualifizierte Entscheidung treffen können.
2. Fachliche Aussagen zum Kompetenzerwerb, prozessbezogene Kompetenzen
Kompetenzorientierter Unterricht bietet die Möglichkeit, Wissen, Fähigkeiten und Fertigkeiten selbstständig und nachhaltig aufzubauen, zu reflektieren und in verschiedenen Situationen verantwortungsvoll einzusetzen.
Die Schülerinnen und Schüler entwickeln im aktiven Umgang mit spezifischen Inhalten die Kompetenzen, die für das Fach Ernährung und Chemie von zentraler Bedeutung sind. Erkenntnisse gewinnen, Kommunizieren und Bewerten stehen für Fähigkeiten und Fertigkeiten, die dafür charakteristisch sind. Naturwissenschaftlich fachkompetente Schülerinnen und Schüler verfügen über Sach-, Erkenntnisgewinnungs-, Kommunikations- und Bewertungskompetenz. Diese vier Kompetenzbereiche durchdringen einander und umrahmen gemeinsam die Fachkompetenz.
Die Sachkompetenz der Schülerinnen und Schüler zeigt sich in der Kenntnis naturwissenschaftlicher Konzepte, Theorien und Verfahren und der Fähigkeit, dieses Fachwissen zu beschreiben und zu erklären sowie geeignet auszuwählen und zu nutzen, um Sachverhalte aus fach- und alltagsbezogenen Anwendungsbereichen zu bearbeiten und zu strukturieren. Das Abstraktionsvermögen der Schülerinnen und Schüler wird u. a. durch das Arbeiten mit Modellvorstellungen gefördert. Sie übertragen ihr Wissen z. B. über allgemeine chemische Grundgesetze, funktionelle Gruppen und Reaktionstypen auf die Nährstoffe und deren Verstoffwechselung im menschlichen Organismus. Das naturwissenschaftliche Arbeiten wird u. a. beim Experimentieren in den Bildungsplaneinheiten „Laborübungen“ erlernt. Dabei erwerben die Schülerinnen und Schüler praktische Fertigkeiten, sie protokollieren und werten ihre Ergebnisse aus. Durch den sachgerechten Umgang mit Chemikalien und Geräten im Labor wird das Umwelt- und Sicherheitsbewusstsein geschärft. Die Inhalte der affinen Ergänzungsfächer „Sondergebiete der Ernährungswissenschaften“ und „Sondergebiete der Biowissenschaften“ sowie des Faches „Biologie“ tragen zu fächerübergreifenden Kenntnissen bei und fördern vernetztes Denken.
Die Erkenntnisgewinnungskompetenz der Schülerinnen und Schüler zeigt sich in der Kenntnis von naturwissenschaftlichen Denk- und Arbeitsweisen und in der Fähigkeit, dieses Fachwissen zu beschreiben, zu erklären und zu verknüpfen, um Erkenntnisprozesse nachvollziehen oder gestalten zu können und deren Möglichkeiten und Grenzen zu reflektieren. Die Schülerinnen und Schüler leiten Lösungsmöglichkeiten ab wie beispielsweise zur Anpassung der Stoffwechselabläufe bei Energie- und Nährstoffmangel. Sie lernen in Prozessen und Abläufen zu denken, z. B. indem sie den Körper als komplexes, sich immer wieder auf veränderte Situationen einstellendes System deuten. Die Schülerinnen und Schüler üben strukturiertes Arbeiten und Denken, beispielsweise beim Skizzieren von Stoffwechselabläufen.
Die Kommunikationskompetenz der Schülerinnen und Schüler zeigt sich in der Kenntnis von Fachsprache, fachtypischen Darstellungen und Argumentationsstrukturen und in der Fähigkeit, dieses Fachwissen zu nutzen, um fachbezogene Informationen zu erschließen, adressaten- und situationsgerecht darzustellen und auszutauschen. Die Schülerinnen und Schüler recherchieren Fakten in der Fachliteratur, werten Datenmaterial zu Fragen der Ernährungswissenschaft und Chemie – u. a. mithilfe digitaler Medien – aus und interpretieren die Ergebnisse unter Einbeziehung gesamtgesellschaftlicher Gesichtspunkte und Aspekte der Nachhaltigkeit. Sie arbeiten dabei auch im Team und geben Informationen in geeigneter Weise, auch vor größeren Gruppen, weiter. Diese Arbeitsweise eignet sich besonders für den Projektunterricht, z. B. bei Ernährungsumfragen.
Die Bewertungskompetenz der Schülerinnen und Schüler zeigt sich in der Kenntnis von fachlichen und überfachlichen Perspektiven und Bewertungsverfahren und in der Fähigkeit, dieses Fachwissen zu nutzen, um Aussagen bzw. Daten anhand verschiedener Kriterien zu beurteilen, sich dazu Meinungen zu bilden, Entscheidungen zu treffen und Entscheidungsprozesse und deren Folgen zu reflektieren. Die Schülerinnen und Schüler werden dazu befähigt, die Bedeutung und Verantwortung der Ernährungswissenschaft für die Bewältigung der Ernährungsprobleme sowie für Gesellschaft und Umwelt aufzuzeigen. Sie analysieren und beurteilen Ernährungssituationen unter verschiedenen Aspekten.
Für nachhaltig gewinnbringendes Lernen ist es von großer Bedeutung, dass alle Kompetenzbereiche im Unterricht bewusst und ausgewogen gefördert werden. Die Kompetenzen entwickeln sich bei den Schülerinnen und Schüler über die Jahrgangsstufen hinweg und werden im Bildungsplan vielfältig inhaltsbezogen konkretisiert.
Da die Kompetenzen in allen vier Bereichen nur an Fachinhalten erworben werden können, stellen die Basiskonzepte die Grundlage für die Entwicklung der naturwissenschaftlichen Kompetenz dar. Im Profilfach „Ernährung und Chemie“ findet in hohem Maße die Anwendung von Erlerntem auf ernährungswissenschaftliche und chemische Fragestellungen statt (vgl. Einheitliche Prüfungsanforderungen in der Abiturprüfung Ernährung der KMK i. d. F. vom 16.11.2006).
3. Ergänzende fachliche Hinweise
Das Profilfach „Ernährung und Chemie“ soll von einer Lehrkraft unterrichtet werden, um eine optimale Vernetzung der Bildungsplaninhalte zu gewährleisten.
In allen Klassenstufen ist eine Wochenstunde als Laborübung vorgeschrieben; dadurch sollen die theoretischen Fachinhalte des Bildungsplanes durch Versuche und vertiefende Übungen ergänzt und gefestigt werden.
Bei der Nomenklatur von Verbindungen werden die IUPAC-Regelungen angewandt. Teilweise werden andere, in der Medizin und Biochemie geläufige Bezeichnungen verwendet; diese sind im Bildungsplan ausgewiesen.
Hinweise zum Umgang mit dem Bildungsplan
Der Bildungsplan zeichnet sich durch eine Inhalts- und eine Kompetenzorientierung aus. In jeder Bildungsplaneinheit (BPE) werden in kursiver Schrift die übergeordneten Ziele beschrieben, die durch Zielformulierungen sowie Inhalts- und Hinweisspalte konkretisiert werden. In den Zielformulierungen werden die jeweiligen fachspezifischen Operatoren als Verben verwendet. Operatoren sind handlungsinitiierende Verben, die signalisieren, welche Tätigkeiten beim Bearbeiten von Aufgaben erwartet werden. Die für das jeweilige Fach relevanten Operatoren sowie deren fachspezifische Bedeutung sind jedem Bildungsplan im Anhang beigefügt. Durch die kompetenzorientierte Zielformulierung mittels dieser Operatoren wird das Anforderungsniveau bezüglich der Inhalte und der zu erwerbenden Kompetenzen definiert. Die formulierten Ziele und Inhalte sind verbindlich und damit prüfungsrelevant. Sie stellen die Regelanforderungen im jeweiligen Fach dar. Die Inhalte der Hinweisspalte sind unverbindliche Ergänzungen zur Inhaltsspalte und umfassen Beispiele, didaktische Hinweise und Querverweise auf andere Fächer bzw. BPE.
Der VIP-Bereich des Bildungsplans umfasst die Vertiefung, individualisiertes Lernen sowie Projektunterricht. Im Rahmen der hier zur Verfügung stehenden Stunden sollen die Schülerinnen und Schüler bestmöglich unterstützt und bei der Weiterentwicklung ihrer personalen und fachlichen Kompetenzen gefördert werden. Die Fachlehrerinnen und Fachlehrer nutzen diese Unterrichtszeit nach eigenen Schwerpunktsetzungen auf Basis der fächerspezifischen Besonderheiten und nach den Lernvoraussetzungen der einzelnen Schülerinnen und Schüler.
Der Teil „Zeit für Leistungsfeststellung“ des Bildungsplans berücksichtigt die Zeit, die zur Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung von Leistungsfeststellungen zur Verfügung steht. Dies kann auch die notwendige Zeit für die gleichwertige Feststellung von Schülerleistungen (GFS), Nachbesprechung zu Leistungsfeststellungen sowie Feedback-Gespräche umfassen.