Fachbezogene Vorbemerkungen
1. Fachspezifischer Bildungsauftrag (Bildungswert des Faches)
Die Pädagogik als Wissenschaft gewinnt in vielen Lebensbereichen in zunehmendem Maße an Bedeutung. In einer Lebenswelt, die vom Individuum ein lebenslanges Lernen einfordert, ist es wichtig, pädagogische Prozesse zu kennen und einschätzen zu können. Darüber hinaus ist „in den vergangenen Jahrzehnten eine erhebliche Erweiterung des pädagogischen Berufssektors und der Anzahl der Beschäftigten in pädagogischen Berufen zu verzeichnen, was u. a. auf einen wachsenden gesellschaftlichen Bedarf an pädagogischen Angeboten schließen lässt“ (Püttmann, C.; Schützenmeister, J. (2016): Vorwort). Für verschiedenste Berufsgruppen wird es bedeutsamer, pädagogische Handlungskonzepte zu entwickeln und umzusetzen. Insbesondere innerhalb der beruflichen Bildung besteht vor allem im gewerblichen Bereich ein hoher Bedarf an Lehrkräften mit gewerblich-technischer Expertise. Das Wahlfach „Pädagogik der beruflichen Bildung“ soll den Schülerinnen und Schülern profilübergreifend Grundbegriffe der Pädagogik, der betrieblichen Bildung/Weiterbildung und der Didaktik vermitteln. Die interdisziplinäre Verknüpfung von Kompetenzen leistet einen grundlegenden Beitrag zur Vorbereitung auf Studium und Beruf.
Das Wahlfach „Pädagogik der beruflichen Bildung“ soll in erster Linie auf der Basis von pädagogischem Grundwissen und der Verknüpfung von pädagogischer Theorie und pädagogischer Handlungspraxis im Kontext der beruflichen Bildung einen pädagogischen Kompetenzerwerb ermöglichen. Im Wahlfach erwerben die Schülerinnen und Schüler grundlegende Einsichten in genuin pädagogische Prozesse. Der zentrale Stellenwert der praktischen Unterrichtsanteile ist auf den Erwerb von pädagogischer Handlungskompetenz ausgerichtet.
Durch das Wahlfach „Pädagogik der beruflichen Bildung“ soll ein Interesse an einer späteren pädagogischen Berufstätigkeit im Bereich der beruflichen Bildung geweckt werden.
2. Fachliche Aussagen zum Kompetenzerwerb, prozessbezogene Kompetenzen
Der Unterricht im Wahlfach „Pädagogik der beruflichen Bildung“ knüpft an den Interessen und Erfahrungen der Adressaten an und macht subjektive Alltagstheorien bewusst, die in Auseinandersetzung mit erziehungswissenschaftlichen Erkenntnissen reflektiert werden. Die Schülerinnen und Schüler gewinnen Einblick in die Grundlagen pädagogischen Denkens und Handelns im Bereich der beruflichen Bildung. Innerhalb der Bildungsplaneinheit 1 untersuchen die Schülerinnen und Schüler zentrale Fragen, Begrifflichkeiten und Ziele von Pädagogik und erläutern die historische und kulturelle Bedingtheit von Pädagogik.
Die Bildungsplaneinheit 2 setzt den spiralcurricularen Ansatz des Bildungsplans fort, indem aufbauend auf den Grundlagen des pädagogischen Denkens eine anwendungsbezogene Einführung in das pädagogische Handeln erfolgt. Die Schülerinnen und Schüler gewinnen Einblick in die Pädagogik als Wissenschaft und Praxis. In der Auseinandersetzung mit den Grundbegriffen der Didaktik beschreiben Schülerinnen und Schüler den Zusammenhang zwischen Methodik und Didaktik und wenden verschiedene Unterrichtsmethoden und pädagogische Settings exemplarisch an.
Pädagogische Kommunikation und Interaktion als zentrales Instrument der Gestaltung von Lehr- und Lernarrangements und sozialen Beziehungen stellen ein durchgängiges Thema dar. Aspekte einer positiven und lernfördernden Beziehungsgestaltung zwischen Lehrkraft und Schülerinnen und Schülern werden erläutert.
Ein den Bildungsplaneinheiten zugrundeliegendes Querschnittsthema stellt der Bereich der Medienkompetenz dar. Die Schülerinnen und Schüler analysieren und beschreiben die Bedeutung digitaler Medien im Alltag, sie setzen sich mit aktuellen Entwicklungen kritisch auseinander. Die Mediatisierung des Alltags und der sich damit vollziehende Wandel der Kommunikation stellt einen zentralen Themenbereich des Wahlfaches dar. Eine kritische Reflexion des eigenen Medienverhaltens soll durchgehend in den Bildungsplaneinheiten anhand von Fallbeispielen angeregt werden. Dies eröffnet den Schülerinnen und Schülern die Möglichkeit, digitale Medien fachlich fundiert und kritisch reflektiert nachhaltig einzusetzen.
Durch die Verzahnung von theoretischen und praktischen Inhalten erwerben die Schülerinnen und Schüler Handlungskompetenz im Wahlfach, im Bereich der beruflichen Bildung. Sie entwickeln didaktisch-methodische Konzepte in unterschiedlichen pädagogischen Settings (innerhalb der Schule) und erproben eigene Programme (z. B. Patenprogramme, Projekte). Zur Förderung der Handlungskompetenz ist einer vertieften exemplarischen Auseinandersetzung und der Anwendung von Unterrichtsinhalten in Praxisanteilen und Reflexion Vorrang vor einer zu breit gestreuten Wissensvermittlung zu geben.
3. Ergänzende fachliche Hinweise
Charakteristisch für das „Wahlfach Pädagogik der beruflichen Bildung“ ist die Verzahnung von Theorie und Praxis. Der Unterricht ist handlungsorientiert und handlungspropädeutisch ausgerichtet; er weckt Interesse an pädagogischem Handeln im Kontext der beruflichen Bildung. Pädagogische Handlungskompetenz wird in simulierten oder in realen Situationen innerhalb der Schule erworben, angewendet und weiterentwickelt. Der Unterricht eröffnet somit Gelegenheit, pädagogisches Handeln simulativ oder real zu erproben und zu reflektieren. Zielsetzung ist, die pädagogische Theorie mit pädagogischen Handlungen (z. B. durch Projekte, Patenprogramme etc.) an der eigenen Schule zu verzahnen.
In Bildungsplaneinheit 1 werden pädagogische Grundlagen gelegt. Die formulierten Ziele und Inhalte der Bildungsplaneinheit 1 sind verbindlich. Um den unterschiedlichen Ausrichtungen der Beruflichen Gymnasien gerecht zu werden und eine Spezifizierung und Profilbildung zu ermöglichen, sind die in der Bildungsplaneinheit 2 formulierten Themen als Wahlgebiete ausgewiesen. Zwei von den vier Themenbereichen der Bildungsplaneinheit 2 sind verbindlich.
Entsprechend der Rahmenbedingungen und des aktuellen Bedarfs bestimmt die Schule Schwerpunkt und Inhalt der Praxisanteile. Leistungsnachweise können praktisch und theoretisch erfolgen.
Das Wahlfach wird mit integriertem Praxisanteil in der Jahrgangsstufe 1 (2-stündig) angeboten.
Der ausgewiesene Zeitbedarf versteht sich als grobe Orientierungsgröße, die nach Bedarf über- oder unterschritten werden kann, um Spielraum für Vertiefungen, besondere Schülerinteressen, aktuelle Themen bzw. die Erfordernisse der praktischen Anteile zur Anwendung pädagogischen Wissens in der eigenen Schule (vgl. VIP) zu erhalten.
Um den unterschiedlichen Ausrichtungen der Beruflichen Gymnasien gerecht zu werden und eine Spezifizierung und Profilbildung zu ermöglichen, sind die in der Bildungsplaneinheit 2 formulierten Themen als Wahlgebiete ausgewiesen. Diese ermöglichen es den Lehrerinnen und Lehrern, in pädagogischer Verantwortung, je nach Interessenslage der Klasse und den Gegebenheiten der Schule, Wissensgebiete und Themen auszuwählen und Themen zu vertiefen.
Für die vertiefende Vorbereitung der Lehrkraft kann folgende Literatur dienlich sein:
- Benner, Dietrich: Allgemeine Pädagogik. Eine systematische-problemgeschichtliche Einführung in die Grundstruktur pädagogischen Denkens und Handelns
- Böhm, Winfried: Theorie und Praxis. Eine Einführung in das pädagogische Grundproblem
- Böhm, Winfried: Geschichte der Pädagogik: Von Platon bis zur Gegenwart
- Böhm, Winfried: Über die Dialogizität von Erziehung und Pädagogik. Meinem ersten akademischen Lehrer Marian Heitger zum 75. Geburtstag
- Fees, Konrad: Geschichte der Pädagogik. Ein Kompaktkurs
- Fendler, Jan: Psychologie unterrichten. Gegenstands- und zielorientierte Didaktik des Psychologie-Unterrichts an berufsbildenden Schulen
- Fischöder, Karin/Kranz-Uftring, Hilde: Besprechen und Reflektieren in der Praxis. Leitfaden für Praktikumsgespräche. Sozialmanagement
- Wassilios E. Fthenakis: „didacta Kinderzeit“ – Zeitschrift für Pädagogik und Bildung 3/2009
- Küls, Holger: Didaktik der Sozialpädagogik
- Kunter, Mareike und Trautwein, Ulrich: Psychologie des Unterrichts
- Ladenthin, Volker: Didaktik und Methodik des Pädagogikunterrichts
- Martial, Ingbert von: Einführung in didaktische Modelle
- Ministerium für Kultus, Jugend und Sport Baden-Württemberg: Basismodell für die Unterrichtsbeobachtung an beruflichen Schulen
- Kultusministerkonferenz (KMK) (2004): Aufgabe einer Lehrinnen und Lehrern heute – Fachleute für das Lernen
- Nickolaus, Reinhold: Didaktik – Modelle und Konzepte beruflicher Bildung, Orientierungsleistungen für die Praxis.
- Püttmann, Carsten und Schützenmeister, Jörn (Hrsg.): Methoden des Pädagogikunterrichts
- Prange, Klaus und Stobel-Eisele: Die Formen des pädagogischen Handelns. Eine Einführung
- Riedl, Alfred und Schelten Andreas: Grundbegriffe der Pädagogik und Didaktik der beruflichen Bildung
- Standop, Jutta und Jürgens, Eiko: Unterricht planen, gestalten und evaluieren
- Zirfas, Jörg: Einführung in die Erziehungswissenschaft
Hinweise zum Umgang mit dem Bildungsplan
Der Bildungsplan zeichnet sich durch eine Inhalts- und Kompetenzorientierung aus. In jeder Bildungsplaneinheit (BPE) werden in kursiver Schrift die übergeordneten Ziele beschrieben, die durch Zielformulierungen sowie Inhalts- und Hinweisspalte konkretisiert werden. In den Zielformulierungen werden die jeweiligen fachspezifischen Operatoren als Verben verwendet. Operatoren sind handlungsinitiierende Verben, die signalisieren, welche Tätigkeiten beim Bearbeiten von Aufgaben erwartet werden. Die für das jeweilige Fach relevanten Operatoren sowie deren fachspezifische Bedeutung sind jedem Bildungsplan im Anhang beigefügt. Durch die kompetenzorientierte Zielformulierung mittels dieser Operatoren wird das Anforderungsniveau bezüglich der Inhalte und der zu erwerbenden Kompetenzen definiert. Die formulierten Ziele und Inhalte sind verbindlich und damit prüfungsrelevant. Sie stellen die Regelanforderungen im jeweiligen Fach dar. Die Inhalte der Hinweisspalte sind unverbindliche Ergänzungen zur Inhaltsspalte und umfassen Beispiele, didaktische Hinweise und Querverweise auf andere Fächer bzw. BPE.
Der VIP-Bereich des Bildungsplans umfasst die Vertiefung, individualisiertes Lernen sowie Projektunterricht. Im Rahmen der hier zur Verfügung stehenden Stunden sollen die Schülerinnen und Schüler bestmöglich unterstützt und bei der Weiterentwicklung ihrer personalen und fachlichen Kompetenzen gefördert werden. Die Fachlehrerinnen und Fachlehrer nutzen diese Unterrichtszeit nach eigenen Schwerpunktsetzungen auf Basis der fächerspezifischen Besonderheiten und nach den Lernvoraussetzungen der einzelnen Schülerinnen und Schüler.
Der Teil „Zeit für Leistungsfeststellung“ des Bildungsplans berücksichtigt die Zeit, die zur Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung von Leistungsfeststellungen zur Verfügung steht. Dies kann auch die notwendige Zeit für die Gleichwertige Feststellung von Schülerleistungen (GFS), Nachbesprechung zu Leistungsfeststellungen sowie Feedback-Gesprächen umfassen.