Bildungsziel des Wirtschaftsgymnasiums
Die komplexen Zusammenhänge einer arbeitsteiligen, sich fortlaufend und dynamisch entwickelnden Wirtschaft sind prägend für den Alltag und die Zukunft der Arbeitswelt und der Gesellschaft als Ganzes. Die wirtschaftswissenschaftlichen Gymnasien ermöglichen vor diesem Hintergrund den Schülerinnen und Schülern mit entsprechenden Begabungen und Bildungsabsichten den Erwerb einer breiten und vertieften ökonomischen Allgemeinbildung, die im Sinne einer Wissenschaftspropädeutik zur Studierfähigkeit führt und gleichzeitig eine berufliche Profilierung für anspruchsvolle Tätigkeiten und Führungspositionen in Wirtschaft und Verwaltung bietet.
Durch das richtungsspezifische Profilfach wird den Schülerinnen und Schülern eine spezifische Schwerpunktsetzung ihrer ökonomischen Bildung gegeben.
Ökonomische Zusammenhänge zu durchdringen und entsprechende Problemstellungen erfolgreich und nachhaltig lösen zu können, erfordert im Sinne der Handlungskompetenz neben wirtschaftlichen Fachkompetenzen auch methodische, soziale und personale Kompetenzen. Das Wirtschaftsgymnasium ermöglicht durch umfassende Einsichten in das komplexe System der arbeitsteiligen Wirtschaft den Erwerb dieser Kompetenzen. Dabei werden unter Beachtung der Heterogenität der Schülerinnen und Schülern insbesondere die Fähigkeiten gefördert, theoretische Erkenntnisse nachzuvollziehen, schwierige Sachverhalte geistig zu durchdringen sowie vielschichtige Zusammenhänge zu durchschauen, zu ordnen und verständlich darzustellen. Dies qualifiziert Schülerinnen und Schüler zu selbstständigem, rationalem und kritisch reflektierendem Handeln im privaten, beruflichen und gesellschaftlichen Leben.
Fachbezogene Vorbemerkungen
1. Fachspezifischer Bildungsauftrag (Bildungswert des Faches)
Das Profilfach Volks- und Betriebswirtschaftslehre vermittelt den Schülerinnen und Schülern eine wirtschaftswissenschaftliche Grundbildung in volks- und betriebswirtschaftlichen Fragestellungen. Ökonomische Bildung muss langfristige Entwicklungen mit hoher Relevanz für Politik, Wirtschaft und Gesellschaft berücksichtigen, die u. a. durch Individualisierung, Digitalisierung, demografischen Wandel, Klimaveränderung und Ressourcenkonflikte hervorgerufen werden. Vor diesem Hintergrund beinhaltet dieser Bildungsplan auch die Befähigung zur politischen Beteiligung sowie die Erziehung zu verantwortungsbewussten Bürgerinnen und Bürgern, die in der Lage sind, vorurteilsfrei zu denken, wertorientiert zu handeln und wirtschaftliches Handeln, das immer auch eine ethische Dimension aufweist, zu verantworten.
Es wurden jene Lerninhalte ausgewählt, an denen die Schülerinnen und Schüler Einsichten, Erkenntnisse und Erfahrungen gewinnen, die dann auf andere, ähnliche Frage- und Problemstellungen übertragen werden können. Mathematische Kenntnisse werden benötigt, um Problemstellungen im ökonomischen Kontext mit den adäquaten rechnerischen Verfahrensweisen zu lösen.
Das Anspruchsniveau des Bildungsplans orientiert sich an den Einheitlichen Prüfungsanforderungen (EPA) und wird durch die Zielformulierungen in Verbindung mit den inhaltlichen Konkretisierungen beschrieben. Bei der didaktisch-methodischen Umsetzung ist das Ziel einer umfassenden Handlungskompetenz zu berücksichtigen.
2. Fachliche Aussagen zum Kompetenzerwerb, prozessbezogene Kompetenzen
Zur Erreichung der Bildungsziele sollen in einem wirksamen Unterricht kognitiv aktivierende Lernprozesse angeregt werden. Dieser Unterricht muss problemorientiert gestaltet werden und aktuelle Bezüge aufweisen. Dabei ist das relevante und zu erarbeitende Wissen in Handlungskontexte einzubetten, damit Begriffe, Theorien, Modelle, Strategien oder Techniken als Beitrag zur Lösung der Handlungs- oder Entscheidungssituationen erarbeitet werden können. Die Analyse von Strukturzusammenhängen, Zielkonflikten und Dilemmasituationen ermöglicht das Aufzeigen von Problemlösungsansätzen aus ganzheitlicher Sicht und vernetztes Denken. Neben den für die Lösung wirtschaftlicher Probleme typischen Denkweisen und Methoden (prozedurales Wissen) ist dafür eine gesicherte Basis an Begriffen und thematischen Strukturen (deklaratives Wissen) unerlässlich. Ein gut strukturiertes und breites Grundlagenwissen ist unabdingbare Voraussetzung, um Probleme zu erkennen und zu verstehen, darüber zu reflektieren, kreative Lösungen zu finden und sich eine eigene Meinung zu bilden. Um diesen Bildungszielen gerecht zu werden, müssen neben der fachlichen Befähigung auch methodische, personale und soziale Kompetenzen gefördert werden.
Der Bildungsplan ist geprägt vom Spannungsfeld zwischen ökonomischen und ethischen Prinzipien. Diese ergänzen und widersprechen sich zugleich. Dies erfordert, dass sich die Schülerinnen und Schüler kritisch mit den Herausforderungen auseinandersetzen und damit zugleich ihre Handlungskompetenzen erweitern mit den Dimensionen der fachlichen, methodischen, sozialen und personalen Kompetenz. Ökonomische und daraus resultierende gesellschaftliche bzw. politische Problemlagen und Zielkonflikte sind systemisch zu erkennen, zu erklären und aus unterschiedlichen Perspektiven unter Berücksichtigung der jeweiligen Interessenlagen und Wertorientierungen zu untersuchen (vgl. Einheitliche Prüfungsanforderungen in der Abiturprüfung Wirtschaft der KMK i. d. F. vom 16.11.2006).
Digitale Endgeräte kommen zur Anwendung, um die Schülerinnen und Schüler mit Möglichkeiten vertraut zu machen, ökonomische Sachverhalte unter Verwendung aufbereiteter entscheidungsrelevanter Informationen zu beurteilen und sachgerechte Entscheidungen zu treffen. Darüber hinaus dienen digitale Endgeräte zur Informationsbeschaffung im Internet und zur Aufbereitung und Präsentation von Arbeitsergebnissen. Der Einsatz von digitalen Medien und Endgeräten im Unterricht kann zudem einen Beitrag zur individuellen Förderung leisten.
3. Ergänzende fachliche Hinweise
Die Stoffauswahl und die Anordnung der Bildungsplanheiten der Eingangsklasse berücksichtigen entwicklungs- und lernpsychologische Gesichtspunkte. Ökonomische Inhalte aus den Bildungsplänen der Sekundarstufe I werden in einem spiralcurricularen Vorgehen nochmals aufgegriffen und mit dem Referenzsystem einer Wirtschaftsordnung verknüpft.
In den ersten beiden Bildungsplanheiten wird ein Bezugsrahmen geschaffen, der die Grundlage für die strukturierte Einordnung des zu erwerbenden Wissens über wirtschaftliche Sachverhalte, Prozesse und Problemstellungen bildet. Es werden wirtschaftswissenschaftliche Grundkategorien vermittelt, die für den späteren Unterricht in Volkswirtschaft und Betriebswirtschaft gleichermaßen relevant sind. Wissen über die Funktionsweise einer Marktwirtschaft und den Ordnungsrahmen der Sozialen Marktwirtschaft sind unerlässliche Voraussetzungen, um im Rahmen der nachfolgenden Bildungsplanheiten das Handeln der Wirtschaftssubjekte „private Haushalte“ und „Unternehmen“ analysieren, einordnen und beurteilen zu können.
Anknüpfend an die Erfahrungswelt der Schülerinnen und Schüler stehen dann rechtliche Grundlagen des Handelns von privaten Haushalten im Mittelpunkt. Dem schließen sich betriebswirtschaftliche Grundlagen des Handelns von Unternehmen an, welche durch die Buchführung aus monetärer Sicht abgebildet werden.
Vor dem Hintergrund der beschriebenen Stoffanordnung ist vorgesehen, die Bildungsplanheiten der Eingangsklasse in der sachlogisch und didaktisch begründeten Reihenfolge des Bildungsplans zu unterrichten. Aufgrund der Querverbindungen und der möglichen Vernetzungen zwischen den einzelnen Bildungsplaneinheiten sollen demgegenüber in den Jahrgangsstufen 1 und 2 Volkswirtschaft und Betriebswirtschaft parallel zueinander unterrichtet werden.
Im Bereich Betriebswirtschaft ergibt sich die Stoffanordnung in den Jahrgangsstufe 1 und 2 aus typischen betriebswirtschaftlichen Funktions- und Handlungsbereichen. Im Bereich Volkswirtschaft stehen in der Jahrgangsstufe 1 zunächst Preisbildungsmodelle für verschiedene Marktformen im Mittelpunkt. Diesen wirtschaftstheoretischen Themen über Märkte und Preisbildung schließt sich angesichts der in der Realität feststellbaren Marktunvollkommenheiten folgerichtig die Auseinandersetzung mit wirtschafts- und sozialpolitischen Eingriffen des Staates im Rahmen der Sozialen Marktwirtschaft an. Hierbei kommt dem Realitäts- und Aktualitätsbezug eine besondere Bedeutung zu.
Der Bildungsplan schließt sowohl in Betriebswirtschaft als auch in Volkswirtschaft mit zwei Themenbereichen, von denen die Fachlehrerinnen und Fachlehrer jeweils einen Themenbereich auswählen.
Hinweise zum Umgang mit dem Bildungsplan
Der Bildungsplan zeichnet sich durch eine Inhalts- und eine Kompetenzorientierung aus. In jeder Bildungsplaneinheit (BPE) werden in kursiver Schrift die übergeordneten Ziele beschrieben, die durch Zielformulierungen sowie Inhalts- und Hinweisspalte konkretisiert werden. In den Zielformulierungen werden die jeweiligen fachspezifischen Operatoren als Verben verwendet. Operatoren sind handlungsinitiierende Verben, die signalisieren, welche Tätigkeiten beim Bearbeiten von Aufgaben erwartet werden. Die für das jeweilige Fach relevanten Operatoren sowie deren fachspezifische Bedeutung sind jedem Bildungsplan im Anhang beigefügt. Durch die kompetenzorientierte Zielformulierung mittels dieser Operatoren wird das Anforderungsniveau bezüglich der Inhalte und der zu erwerbenden Kompetenzen definiert. Die formulierten Ziele und Inhalte sind verbindlich und damit prüfungsrelevant. Sie stellen die Regelanforderungen im jeweiligen Fach dar. Die Inhalte der Hinweisspalte sind unverbindliche Ergänzungen zur Inhaltsspalte und umfassen Beispiele, didaktische Hinweise und Querverweise auf andere Fächer bzw. BPE.
Der VIP-Bereich des Bildungsplans umfasst die Vertiefung, individualisiertes Lernen sowie Projektunterricht. Im Rahmen der hier zur Verfügung stehenden Stunden sollen die Schülerinnen und Schüler bestmöglich unterstützt und bei der Weiterentwicklung ihrer personalen und fachlichen Kompetenzen gefördert werden. Die Fachlehrerinnen und Fachlehrer nutzen diese Unterrichtszeit nach eigenen Schwerpunktsetzungen auf Basis der fächerspezifischen Besonderheiten und nach den Lernvoraussetzungen der einzelnen Schülerinnen und Schüler.
Der Teil „Zeit für Leistungsfeststellung“ des Bildungsplans berücksichtigt die Zeit, die zur Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung von Leistungsfeststellungen zur Verfügung steht. Dies kann auch die notwendige Zeit für die gleichwertige Feststellung von Schülerleistungen (GFS), Nachbesprechung zu Leistungsfeststellungen sowie Feedback-Gespräche umfassen.