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1. Leit­ge­dan­ken zum Kom­pe­ten­z­er­werb

1.1 Bil­dungs­wert des Fa­ches Ale­vi­ti­sche Re­li­gi­ons­leh­re

Durch die wach­sen­de eth­ni­sche, kul­tu­rel­le und re­li­giö­se Viel­falt in der Be­völ­ke­rung und durch zu­neh­men­de fa­mi­liä­re Ver­bin­dun­gen von Men­schen un­ter­schied­li­cher Glau­bens­rich­tun­gen so­wie in­ter­kul­tu­rel­ler und in­ter­re­li­giö­ser Be­geg­nung und In­te­gra­ti­on in Deutsch­land, er­fährt die Ale­vi­ti­sche Re­li­gi­ons­leh­re ei­ne be­son­de­re Be­deu­tung. Der Ale­vi­ti­sche Re­li­gi­ons­un­ter­richt för­dert ein gu­tes Zu­sam­men­le­ben von Ale­vi­ten und An­ders­gläu­bi­gen in Gleich­be­rech­ti­gung, Frie­den und ge­gen­sei­ti­ger Ach­tung und Wert­schät­zung. Er trägt da­mit zur Wer­te­er­zie­hung der Kin­der bei. Die­se wer­den be­fä­higt, ih­ren Glau­ben, ih­re Tra­di­ti­on und ih­re Kul­tur ge­gen­über ih­ren Mit­schü­le­rin­nen und Mit­schü­lern zu ver­tre­ten und de­ren An­ders­sein wahr­zu­neh­men.

Das ale­vi­ti­sche Men­schen- und Welt­bild ver­sucht durch sei­ne Nä­he zum mo­der­nen frei­heit­lich-de­mo­kra­ti­schen und plu­ra­lis­ti­schen Ge­sell­schafts- und Staats­ver­ständ­nis ei­ne Ant­wort auf die ak­tu­el­len, ge­sell­schaft­li­chen Her­aus­for­de­run­gen zu ge­ben. Die Ale­vi­ti­sche Re­li­gi­ons­leh­re er­mög­licht Er­fah­run­gen mit De­mo­kra­tie, Frei­heit und Plu­ra­li­tät und be­fä­higt Schü­le­rin­nen und Schü­ler, ih­re Min­der­hei­ten­po­si­ti­on sach­ge­recht zu ver­tre­ten und Grund­kom­pe­ten­zen für ein fried­li­ches Zu­sam­men­le­ben zu er­wer­ben.

Der Re­li­gi­ons­un­ter­richt un­ter­stützt die Ent­wick­lung ei­ner ale­vi­ti­schen Iden­ti­tät. Die Schü­le­rin­nen und Schü­ler er­fah­ren Ori­en­tie­run­gen und Hil­fe­stel­lun­gen auf der Su­che nach ei­ner ei­ge­nen Le­bens­aus­rich­tung. Die Ale­vi­ti­sche Re­li­gi­ons­leh­re trägt da­zu bei, die Glau­bens­in­hal­te und Tra­di­ti­on des Ale­vi­ten­tums als Deu­tungs­an­ge­bot für das ei­ge­ne selbst­ver­ant­wor­te­te Le­ben und Zu­sam­men­le­ben mit an­de­ren Men­schen zu nut­zen. Da­mit ein­her­ge­hend wer­den die Ent­wick­lung von Selbst­be­wusst­sein, Selbst­ach­tung, Ei­gen­in­itia­ti­ve, Ver­ant­wor­tungs­be­wusst­sein, Krea­ti­vi­tät, Phan­ta­sie und So­li­da­ri­tät bei den Kin­dern an­ge­strebt. Der Gleich­be­rech­ti­gung der Mäd­chen und Jun­gen kommt ei­ne be­son­de­re Be­deu­tung zu. Die­se wird im Un­ter­richt the­ma­ti­siert, kon­kre­ti­siert und ver­in­ner­licht.

Rechts­grund­la­ge

Die Ale­vi­ti­sche Ge­mein­de Deutsch­land e.V. (AABF) mit Sitz in Köln, ver­tritt seit 1991 in Deutsch­land le­ben­de Ale­vi­ten. Sie de­fi­niert sich als ei­ne Glau­bens­ge­mein­schaft im Sin­ne des Grund­ge­set­zes der Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land. Nach Art. 7 Abs. 3 des Grund­ge­set­zes der Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land und nach Ar­ti­kel 18 der Ver­fas­sung des Lan­des Ba­den-Würt­tem­berg wird Re­li­gi­ons­un­ter­richt an öf­fent­li­chen Schu­len als or­dent­li­ches Lehr­fach nach den Grund­sät­zen der Re­li­gi­ons­ge­mein­schaf­ten von de­ren Be­auf­trag­ten er­teilt und be­auf­sich­tigt. Die Ale­vi­ti­sche Ge­mein­de Deutsch­land ist an meh­re­ren Or­ten so stark ver­tre­ten, dass die Vor­aus­set­zun­gen ge­ge­ben sind, um nach § 96 Abs. 3 des Schul­ge­set­zes für Ba­den-Würt­tem­berg Re­li­gi­ons­un­ter­richt ein­zu­rich­ten. Die fach­li­che Auf­sicht über den Ale­vi­ti­schen Re­li­gi­ons­un­ter­richt wird von der Ale­vi­ti­schen Ge­mein­de Deutsch­land durch ale­vi­ti­sche Schul­be­auf­trag­te in Ba­den-Würt­tem­berg wahr­ge­nom­men.

Spra­che des Ale­vi­ti­schen Re­li­gi­ons­un­ter­richts

Die deut­sche Spra­che ist Vor­aus­set­zung für je­den in­ter­re­li­giö­sen Dia­log in die­sem Land. Es be­steht aber die Not­wen­dig­keit, ei­ni­ge Grund­be­grif­fe wie zum Bei­spiel Al­lah/Hak, Cem, Se­mah, Aşu­re, Ana/De­de – im Ur­sprung – wie sie in der ale­vi­ti­schen Li­te­ra­tur vor­zu­fin­den sind – bei­zu­be­hal­ten. Es ist un­ab­ding­bar, dass die grund­le­gen­den Tex­te zum Glau­ben – wie das Buch Buy­ruk – und re­li­giö­se Dich­tun­gen ale­vi­ti­scher Ge­lehr­ter in deut­scher Spra­che kind­ge­recht ver­mit­telt wer­den.

Bei­trag des Fa­ches zu den Leit­per­spek­ti­ven

In wel­cher Wei­se das Fach Ale­vi­ti­sche Re­li­gi­ons­leh­re ei­nen Bei­trag zu den Leit­per­spek­ti­ven leis­tet, wird im Fol­gen­den dar­ge­stellt:

  • Bil­dung für nach­hal­ti­ge Ent­wick­lung (BNE)
    Der Ale­vi­ti­sche Re­li­gi­ons­un­ter­richt trägt zur Bil­dung für nach­hal­ti­ge Ent­wick­lung bei, in­dem er vor al­lem im Be­reich „Mensch“ die Na­tur­ver­bun­den­heit in den Vor­der­grund stellt und die Kin­der zu­neh­mend be­fä­higt, ver­ant­wor­tungs­voll und nach­hal­tig mit den Res­sour­cen der Er­de um­zu­ge­hen.
  • Bil­dung für To­le­ranz und Ak­zep­tanz von Viel­falt (BTV)
    Lie­be zum Men­schen, Re­spekt, To­le­ranz, An­ti­dis­kri­mi­nie­rung, So­li­da­ri­tät so­wie die ge­gen­sei­ti­ge Ach­tung und die Wert­schät­zung von Viel­falt und Ver­schie­den­heit als In­hal­te des ale­vi­ti­schen Re­li­gi­ons­un­ter­richts, un­ter­stüt­zen die­se Leit­per­spek­ti­ve. Im Ale­vi­ti­schen Re­li­gi­ons­un­ter­richt sind Er­fah­run­gen zu De­mo­kra­tie, Frei­heit und Plu­ra­li­tät kon­kret den Be­rei­chen „Weg“ be­zie­hungs­wei­se „Haus und Ord­nung“ zu­ge­ord­net. Die Schü­le­rin­nen und Schü­ler ler­nen da­bei, dass das Er­rei­chen die­ser Schlüs­sel­qua­li­fi­ka­tio­nen ein fried­li­ches Mit­ein­an­der un­ter­stützt.
  • Prä­ven­ti­on und Ge­sund­heits­för­de­rung (PG)
    Der Ale­vi­ti­sche Re­li­gi­ons­un­ter­richt trägt da­zu bei, den ei­ge­nen Kör­per selbst­re­gu­lie­rend und wahr­neh­mend ken­nen­zu­ler­nen. So­mit wer­den Grund­la­gen für ei­nen ge­sun­den Kör­per und Geist ge­legt. Kon­kret wer­den die­se Fä­hig­kei­ten bei den The­men Fas­ten, „Se­mah“ und „Lok­ma“ er­wor­ben.
  • Me­di­en­bil­dung (MB)
    In un­se­rer Me­di­en­ge­sell­schaft ist ei­ne sach­ge­rech­te und al­ters­spe­zi­fi­sche Me­di­en­bil­dung von gro­ßer Be­deu­tung. Der Ale­vi­ti­sche Re­li­gi­ons­un­ter­richt setzt ale­vi­ti­sche Aus­druck­for­men wie zum Bei­spiel Lie­der, Dich­tun­gen, Er­zäh­lun­gen, Bil­der und Für­bit­ten so­wie wei­te­re Text‑, Film- oder Bild­quel­len ein, um den Schü­le­rin­nen und Schü­lern Zu­gän­ge zum Ale­vi­ten­tum zu er­öff­nen. Da­bei ler­nen sie den Um­gang mit Me­di­en und nut­zen Me­di­en ih­rer­seits auch als Mit­tel zur Kom­mu­ni­ka­ti­on, Ko­ope­ra­ti­on, Pro­duk­ti­on und Prä­sen­ta­ti­on.
  • Ver­brau­cher­bil­dung (VB)
    Die Leit­per­spek­ti­ve „Ver­brau­cher­bil­dung“ greift kon­kre­te The­men im Le­ben der Schü­le­rin­nen und Schü­ler auf und um­fasst The­men­be­rei­che wie zum Bei­spiel den Um­gang mit ei­ge­nen Res­sour­cen, Be­dürf­nis­sen und Wün­schen und dem All­tags­kon­sum. Der Ale­vi­ti­sche Re­li­gi­ons­un­ter­richt un­ter­stützt da­bei die Schü­le­rin­nen und Schü­ler, Ver­ant­wor­tung für ihr Kon­sum­ver­hal­ten zu über­neh­men.

1.2 Kom­pe­ten­zen

Pro­zess- und in­halts­be­zo­ge­ne Kom­pe­ten­zen sind stets zu­sam­men zu den­ken. In ih­rer Zu­sam­men­füh­rung wer­den sie zu ei­nem „Ge­we­be“, das – be­zo­gen auf die Si­tua­ti­on vor Ort und auf die Be­dürf­nis­se der Kin­der – in­di­vi­du­ell ver­fei­nert und wei­ter ge­wo­ben wird.

Pro­zess- und in­halts­be­zo­ge­ne Kom­pe­ten­zen sind eng mit­ein­an­der ver­wo­ben. (© Lan­des­in­sti­tut für Schul­ent­wick­lung)
Prozess- und inhaltsbezogene Kompetenzen sind eng miteinander verwoben. (Bild: Kommissionen)

Pro­zess­be­zo­ge­ne Kom­pe­ten­zen

  • Wahr­neh­men und Dar­stel­len
    Die Schü­le­rin­nen und Schü­ler kön­nen ers­te Ant­wor­ten auf re­li­gi­ös be­deut­sa­me Fra­ge­stel­lun­gen ge­ben. Sie kön­nen Ri­ten und Tra­di­tio­nen emo­tio­nal er­le­ben und sich da­mit aus­ein­an­der­set­zen.
  • Deu­ten
    Die Schü­le­rin­nen und Schü­ler kön­nen ers­te ei­ge­ne Deu­tun­gen an­hand re­li­giö­ser Aus­drucks­for­men for­mu­lie­ren und die­se in ihr Lebens­um­feld in­te­grie­ren.
  • Ur­tei­len
    Die Schü­le­rin­nen und Schü­ler kön­nen an­hand kon­kre­ter Si­tua­tio­nen un­ter­schied­li­che Mei­nun­gen und Hal­tun­gen zu re­li­giö­sen und ethi­schen Fra­ge­stel­lun­gen ver­glei­chen und da­bei ei­ne ei­ge­ne Po­si­ti­on ein­neh­men und be­grün­den.
  • Kom­mu­ni­zie­ren und Dia­log­fä­hi­g-Sein
    Die Schü­le­rin­nen und Schü­ler kön­nen men­sch­li­che und in­ter­re­li­giö­se Viel­falt re­spek­tie­ren und wert­schät­zen, ei­ge­ne Ge­füh­le, Ge­dan­ken und Mei­nun­gen aus­drü­cken und sich so po­si­tio­nie­ren.
  • Ge­stal­ten und Han­deln
    Die Schü­le­rin­nen und Schü­ler kön­nen ihr Le­ben und das Zu­sam­men­le­ben aus ale­vi­ti­scher Per­spek­ti­ve ge­stal­ten und da­bei zu­sätz­li­che Hand­lungs­mög­lich­kei­ten in­te­grie­ren.

Da­zu ist es er­for­der­lich, dass die Schü­le­rin­nen und Schü­ler in der La­ge sind,

  • den ale­vi­ti­schen Weg in In­halt und Dar­stel­lung als Aus­druck gül­ti­ger Glau­bens- und Le­bens­form wahr­zu­neh­men;
  • ih­ren Glau­ben, ih­re Tra­di­ti­on und ih­re Kul­tur ge­gen­über ih­ren an­ders­gläu­bi­gen Mit­schü­le­rin­nen und Mit­schü­lern zu ver­tre­ten und zu­gleich de­ren An­ders­sein zu re­spek­tie­ren und zu ver­ste­hen;
  • mit An­ge­hö­ri­gen an­de­rer Re­li­gio­nen und Welt­an­schau­un­gen ins Ge­spräch zu kom­men;
  • ei­ge­ne Ge­füh­le und Le­bens­er­fah­run­gen zur Spra­che zu brin­gen und die­se mit den an­de­ren Men­schen zu ver­glei­chen;
  • ale­vi­ti­sche Über­lie­fe­run­gen in ih­rer ei­ge­nen Le­bens­wirk­lich­keit zu un­ter­su­chen und ge­ge­be­nen­falls zu in­te­grie­ren;
  • Re­geln zu er­ken­nen, ih­re Sinn­haf­tig­keit zu über­prü­fen und ge­ge­be­nen­falls im Sin­ne des ale­vi­ti­schen Ver­ständ­nis­ses von Ein­ver­neh­men (Rızalık) zu ver­än­dern;
  • Auf­ga­ben zu er­fas­sen, Sach­ver­hal­te zu re­cher­chie­ren, In­hal­te zu er­schlie­ßen, Lern­pro­zes­se selbst­stän­dig zu or­ga­ni­sie­ren, so­wie Er­kennt­nis­se und Er­geb­nis­se zu prä­sen­tie­ren.

In­halts­be­zo­ge­ne Kom­pe­ten­zen

Die Schü­le­rin­nen und Schü­ler er­fah­ren, dass die Kul­tur der Ale­vi­ten in Deutsch­land von der ale­vi­ti­schen Tra­di­ti­on in der Tür­kei ge­prägt ist. Gleich­zei­tig ler­nen sie, die kul­tu­rel­le Tra­di­ti­on ih­rer El­tern be­zie­hungs­wei­se Groß­el­tern in der christ­lich ge­präg­ten deut­schen Ge­sell­schaft zu le­ben. Die Kin­der wer­den be­fä­higt, durch Re­spekt und To­le­ranz ge­gen­über an­de­ren, For­men von Re­li­gi­on und Kul­tur am Le­ben in der plu­ra­lis­ti­schen Ge­sell­schaft teil­zu­ha­ben. Da­bei er­wer­ben sie die Fä­hig­keit, das brei­te Spek­trum von Wirk­lich­keit wahr­zu­neh­men und theo­lo­gisch zu re­flek­tie­ren, ale­vi­ti­sche Deu­tun­gen mit an­de­ren zu ver­glei­chen, die Wahr­heits­fra­ge zu stel­len und ei­ne ei­ge­ne Po­si­ti­on zu ver­tre­ten so­wie sich in Frei­heit auf re­li­giö­se Aus­drucks- und Sprach­for­men (zum Bei­spiel Sym­bo­le und Ri­tua­le) ein­zu­las­sen und die­se mit­zu­ge­stal­ten. Der Er­werb der re­li­giö­sen Kom­pe­tenz steht im Mit­tel­punkt des Ale­vi­ti­schen Re­li­gi­ons­un­ter­richts. Die Schü­le­rin­nen und Schü­ler ler­nen, die ale­vi­ti­schen Be­grif­fe zu ver­ste­hen und mit ei­ge­nen Er­fah­run­gen und Emo­tio­nen in Be­zie­hung zu set­zen. Da­bei be­die­nen sie sich der ale­vi­ti­schen Mu­sik, der Bil­der und der Li­te­ra­tur.

Der Ale­vi­ti­sche Re­li­gi­ons­un­ter­richt teilt die in­halts­be­zo­ge­nen Kom­pe­ten­zen in drei Be­rei­che ein:

  • Mensch
  • Haus und Ord­nung
  • Weg

Die­se Ein­tei­lung macht deut­lich, dass der Ale­vi­ti­sche Re­li­gi­ons­un­ter­richt die Auf­ga­be hat, die Le­bens­wirk­lich­keit der Schü­le­rin­nen und Schü­ler und die Glau­benstra­di­tio­nen der ale­vi­ti­schen Ge­mein­schaft als Gan­zes im Un­ter­richt so mit­ein­an­der zu ver­knüp­fen, dass Hand­lungs­wis­sen ent­steht, das auf das kon­kre­te Le­ben be­zo­gen ist. Die­ses Prin­zip der Ver­knüp­fung gilt für je­de the­ma­ti­sche Ein­heit im Ein­zel­nen. Ei­ne blo­ße Ver­mitt­lung von re­li­giö­sem Wis­sen oh­ne Be­zug zur Le­bens­wirk­lich­keit gibt es im ale­vi­ti­schen Re­li­gi­ons­un­ter­richt eben­so we­nig wie blo­ße So­zi­al­leh­re oder Ethik oh­ne Be­zug zur Glau­bens­leh­re des Ale­vi­ten­tums.

In den in­halts­be­zo­ge­nen Stan­dards wird stets ei­ne Ver­knüp­fung zu den pro­zess­be­zo­ge­nen Stan­dards her­ge­stellt. Die Deu­tungs­kom­pe­tenz be­schreibt die Fä­hig­keit, Quel­len frü­he­rer und ge­gen­wär­ti­ger Ge­ne­ra­tio­nen und an­de­ren Kul­tu­ren – ins­be­son­de­re Tex­te der ale­vi­ti­schen Ge­sän­ge – zu ver­ste­hen und auf Ge­gen­wart und Zu­kunft hin aus­zu­le­gen. Ei­ne wei­te­re Ver­net­zung be­steht durch die all­täg­li­che Be­geg­nung mit an­de­ren Re­li­gio­nen und Kul­tu­ren, durch die die Schü­le­rin­nen und Schü­ler Ge­mein­sam­kei­ten und Un­ter­schie­de zum Ale­vi­ten­tum er­ken­nen. Sie ler­nen die­se zu re­spek­tie­ren und zu ak­zep­tie­ren und kön­nen so die Dia­log­fä­hig­keit för­dern und stär­ken.

1.3 Di­dak­ti­sche Hin­wei­se

Auf­ga­ben des Ale­vi­ti­schen Re­li­gi­ons­un­ter­richts er­ge­ben sich we­sent­lich aus dem Selbst­ver­ständ­nis der ale­vi­ti­schen Glau­bens­leh­re. Die Ale­vi­ti­sche Re­li­gi­ons­leh­re be­rück­sich­tigt die Er­fah­run­gen und In­ter­es­sen der Schü­le­rin­nen und Schü­ler in be­son­de­rem Ma­ße, in­dem sie Mög­lich­kei­ten schafft, den Glau­ben zu er­le­ben und die Wert­vor­stel­lun­gen ih­rer Glau­bens­ge­mein­schaft an­ge­mes­sen zu ver­tre­ten.

Die Un­ter­richts­ge­stal­tung ist dar­auf aus­ge­rich­tet, Fä­hig­kei­ten zu för­dern, die den Kin­dern hel­fen, die Welt und das Le­ben sen­si­bel wahr­zu­neh­men, zu be­stau­nen, zu be­fra­gen und zu deu­ten. Da­für ist selbst­tä­ti­ges und ko­ope­ra­ti­ves Ler­nen mit al­len Sin­nen er­for­der­lich, das durch Lern­arrangements und ei­ne vor­brei­ten­de Lern­um­ge­bung er­mög­licht wird. Au­ßer­dem sind vor al­lem die be­reits vor­han­de­nen Fä­hig­kei­ten und Nei­gun­gen der Kin­der im Be­reich des Dar­stel­lens, Ma­lens, Mu­si­zie­rens, Tan­zens be­son­ders ge­eig­net, um die ei­ge­nen Selbst­bil­dungs­pro­zes­se zu un­ter­stüt­zen. Im fei­nen Hin­hö­ren, in der dif­fe­ren­zier­ten Wahr­neh­mung, in Auf­merk­sam­keit und Kon­zen­tra­ti­on kön­nen die Schü­le­rin­nen und Schü­ler ein ver­tief­tes Ver­ständ­nis für den ale­vi­ti­schen Be­griff von Gott (Hak) und den ent­spre­chen­den Be­griff vom Men­schen (Can) ent­wi­ckeln. Ale­vi­ti­sche Mu­sik ist hier von be­son­de­rer päd­ago­gi­scher Be­deu­tung.

Es ist die Auf­ga­be der Lehr­kräf­te, un­ter­schied­li­che Sicht­wei­sen bei den Schü­le­rin­nen und Schü­lern zu­zu­las­sen. Da­bei über­neh­men sie ei­ne Vor­bild­rol­le in der Er­zie­hung zu Re­spekt und To­le­ranz ge­gen­über An­ders­den­ken­den. In­to­le­ran­ten Hal­tun­gen auf Sei­ten der Schü­le­rin­nen und Schü­ler wird deut­lich und kon­se­quent, aber stets päd­ago­gisch re­flek­tiert, ent­ge­gen­ge­wirkt.

Der Ale­vi­ti­sche Re­li­gi­ons­un­ter­richt kann und soll­te auch an au­ßer­schu­li­schen Lern­or­ten statt­fin­den. Von be­son­de­rer Be­deu­tung sind da­bei Be­su­che von Ce­m-Häu­sern und ale­vi­ti­schen Kul­tur­zen­tren. Ge­le­gen­hei­ten für der­ar­ti­ge Be­su­che kann das ge­mein­sa­me Fei­ern re­li­giö­ser Fes­te (zum Bei­spiel Hızır und Aşu­re) sein.

Lern­me­tho­de

Die Lern­me­tho­den wer­den so aus­ge­rich­tet, dass die in­di­vi­du­el­len Be­ga­bun­gen ei­nes je­den Kin­des op­ti­mal zur Ent­fal­tung ge­bracht und die Er­fah­run­gen und In­ter­es­sen der Schü­le­rin­nen und Schü­ler in be­son­de­rem Ma­ße be­rück­sich­tigt wer­den. Des­halb sind Dif­fe­ren­zie­rungs­an­ge­bo­te ein wich­ti­ges Un­ter­richt­s­prin­zip. Durch in­ne­re Dif­fe­ren­zie­rung wird den un­ter­schied­li­chen Stär­ken, In­ter­es­sen und Er­fah­run­gen der Schü­le­rin­nen und Schü­ler so­wie der He­te­ro­ge­ni­tät der Lern­grup­pen – be­son­ders im Be­reich des Deu­tungs­wis­sens – Rech­nung ge­tra­gen. Durch ei­ne an­ge­mes­se­ne in­ne­re Dif­fe­ren­zie­rung kön­nen Kin­der ih­rem Leis­tungs­ni­veau ent­spre­chend ler­nen.

Lern­ent­wick­lung

We­sent­li­ches di­dak­ti­sches Kri­te­ri­um für ei­ne stu­fen­spe­zi­fi­sche Re­duk­ti­on der The­men ist die Be­rück­sich­ti­gung der Lern­ent­wick­lung der Schü­le­rin­nen und Schü­ler. Ins­be­son­de­re in den Klas­sen 1 und 2 we­cken ers­te Be­geg­nun­gen mit dem Fach Ale­vi­ti­sche Re­li­gi­ons­leh­re In­ter­es­se, Neu­gier­de und Freu­de. Hier­bei wird das Au­gen­merk dar­auf ge­legt, dass die In­hal­te spie­le­risch er­fasst wer­den kön­nen, um die Schü­le­rin­nen und Schü­ler für das Fach zu sen­si­bi­li­sie­ren und zu mo­ti­vie­ren. Die­se ge­schaf­fe­nen Grund­la­gen wer­den in den Klas­sen 3 und 4 er­wei­tert und ver­tieft. Der Schwer­punkt liegt dann beim Wis­sens­er­werb und bei der emo­tio­na­len Wahr­neh­mung.

So­zia­les Ler­nen

Kin­der ler­nen ins­be­son­de­re durch Vor­bil­der und an Mo­del­len, die durch ein be­zie­hungs­stif­ten­des Ler­nen ih­re Be­deu­tung er­fah­ren. Ler­nen – ob ko­gni­ti­ves, emo­tio­na­les oder in­stru­men­tel­les Ler­nen – ist im­mer auch so­zia­les Ler­nen. Vor die­sem Hin­ter­grund wird der Ge­stal­tung des Un­ter­richts dem ge­mein­sa­men und ko­ope­rie­ren­den Ler­nen un­ter­richts­or­ga­ni­sa­to­risch min­des­tens ge­nau so viel Raum ge­ge­ben wie dem in­di­vi­du­el­len Wis­sens­er­werb der Kin­der.


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