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1. Leit­ge­dan­ken zum Kom­pe­ten­z­er­werb

1.1 Bil­dungs­wert des Fa­ches Li­te­ra­tur und Thea­ter

Das Wahl­fach Li­te­ra­tur und Thea­ter er­gänzt den mu­sisch-künst­le­ri­schen Be­reich im Fä­cher­ka­non der Schu­len. In­dem es die Aus­ein­an­der­set­zung mit Li­te­ra­tur und Thea­ter mit ei­ge­nem künst­le­ri­schem Han­deln ver­bin­det, leis­tet es ei­nen Bei­trag zur kul­tu­rel­len Bil­dung als kon­sti­tu­ti­vem Be­stand­teil des schu­li­schen Bil­dungs­auf­trags.

Thea­ter und fik­tio­na­le Li­te­ra­tur bie­ten dem Zu­schau­er be­zie­hungs­wei­se dem Le­ser ei­ne Mög­lich­keit, ei­ge­ne Er­fah­run­gen zu re­flek­tie­ren. Oft­mals hin­ter­fra­gen bei­de im ex­pe­ri­men­tel­len Ent­wurf Be­stehen­des. Sie fol­gen äs­the­ti­schen Re­geln und Vor­ga­ben, die un­ter dem Ein­fluss sich ver­än­dern­der ge­sell­schaft­li­cher Rah­men­be­din­gun­gen und des je­wei­li­gen Zeit­geis­tes ste­hen. Gleich­zei­tig the­ma­ti­sie­ren Li­te­ra­tur und Thea­ter im­mer wie­der Grund­fra­gen der men­sch­li­chen Exis­tenz, die über die je­wei­li­ge Zeit hin­aus­wei­sen. Weit über den Be­reich der dra­ma­ti­schen Li­te­ra­tur hin­aus sind Li­te­ra­tur und Thea­ter ge­kenn­zeich­net durch ein stark wech­sel­sei­tig ge­präg­tes Ver­hält­nis.

Bei­de Kunst­for­men ha­ben in der Ge­schich­te al­ler Kul­tu­ren viel­fäl­ti­ge For­men ent­wi­ckelt, um Le­bens­er­fah­rung und Welt­sicht künst­le­risch zu ge­stal­ten. Durch die Be­schäf­ti­gung mit Li­te­ra­tur und Thea­ter ge­win­nen die Schü­le­rin­nen und Schü­ler ei­nen spe­zi­fi­schen Zu­gang zur Welt und ler­nen gleich­zei­tig äs­the­ti­sche Aus­drucks­for­men für die ei­ge­nen Er­fah­run­gen und Sicht­wei­sen ken­nen. Seit der grie­chi­schen An­ti­ke spie­len im Thea­ter der abend­län­di­schen Kul­tur münd­li­che und schrift­li­che Tex­te ei­ne we­sent­li­che Rol­le. Dies gilt in der Ver­knüp­fung von Le­sen und Ins­ze­nie­ren auch im Fach Li­te­ra­tur und Thea­ter. Die Aus­ein­an­der­set­zung mit li­te­ra­ri­schen Tex­ten mit dem Ziel ih­rer thea­tra­len Ge­stal­tung er­öff­net auf der ei­nen Sei­te vie­le Mög­lich­kei­ten des in­di­vi­du­el­len Zu­gangs, ver­langt auf der an­de­ren Sei­te ei­ne an­ge­mes­se­ne Ver­ste­hens­leis­tung. Ne­ben dem Sprech­thea­ter gibt es in der Thea­ter­ge­schich­te und in un­ter­schied­li­chen Kul­tu­ren zahl­rei­che, von kon­kre­ten Text­vor­ga­ben un­ab­hän­gi­ge Thea­ter­prak­ti­ken und ‑for­men, die auch im Ge­gen­warts­thea­ter ei­ne be­deu­ten­de Rol­le spie­len. All­ge­mein geht es dar­um, die Wich­tig­keit äs­the­tisch-kom­mu­ni­ka­ti­ver Wahr­neh­mungs­wei­sen zu be­grei­fen und die Fä­hig­keit zu ent­wi­ckeln, die ver­mit­tel­ten Ein­drü­cke zu ei­nem Aus­druck zu for­men.

Im Thea­ter­spiel wie in der Pro­duk­ti­on ei­ge­ner li­te­ra­ri­scher Tex­te, die Grund­la­ge des Thea­ter­spiels wer­den, wird er­leb­te und ima­gi­nier­te Wirk­lich­keit nach­ge­stal­tet, vor­weg­ge­nom­men, in Fra­ge ge­stellt und neue Wirk­lich­keit ent­wor­fen. Die Ver­bin­dung von re­zep­ti­vem und hand­lungs­ori­en­tier­tem Um­gang mit Li­te­ra­tur und Thea­ter, von Wahr­neh­men, Er­fah­ren, Ge­stal­ten und Re­flek­tie­ren leis­tet ei­nen we­sent­li­chen Bei­trag da­zu, dass Schü­le­rin­nen und Schü­ler die Welt­sicht an­de­rer er­fah­ren und er­pro­ben, kri­tisch hin­ter­fra­gen und ver­ste­hen und da­mit ein ei­ge­nes Ver­hält­nis zur Welt ent­wi­ckeln kön­nen. Da­bei er­öff­nen Li­te­ra­tur und Thea­ter po­li­tisch und ge­sell­schaft­lich re­le­van­te The­men­fel­der. Die Schü­le­rin­nen und Schü­ler er­wer­ben in der ge­stal­te­ri­schen Aus­ein­an­der­set­zung im En­sem­ble de­mo­kra­ti­sche Kom­pe­ten­zen und wer­den in die La­ge ver­setzt, in ei­ner sich im­mer schnel­ler ver­än­dern­den Welt ein­sich­tig, ver­ant­wor­tungs­voll und mit­mensch­lich zu han­deln. Die Re­zep­ti­on von Li­te­ra­tur, die an­de­re Wel­ten und Ar­ten der Wahr­neh­mung zeigt und zur Per­spek­ti­v­über­nah­me auf­for­dert, so­wie das Thea­ter­spiel, das die Über­nah­me frem­der Per­spek­ti­ven vor­aus­setzt und voll­zieht, wir­ken in be­son­de­rer Wei­se per­sön­lich­keits­bil­dend, in­dem sie zu To­le­ranz und Ak­zep­tanz an­de­rer Le­bens­ein­stel­lun­gen und zu kri­ti­scher Re­fle­xi­on er­zie­hen. Der durch Kom­mu­ni­ka­ti­on im und über Thea­ter be­wirk­te Er­kennt­nis­ge­winn hat eman­zi­pa­to­ri­schen Cha­rak­ter.

Das Aus­le­ben von spie­le­ri­scher Krea­ti­vi­tät, das be­wuss­te kör­per­li­che Han­deln und das sinn­li­che Er­le­ben in der so­zia­len Grup­pe för­dern die per­sön­li­che Ent­wick­lung der jun­gen Er­wach­se­nen eben­so in be­son­de­rem Maß wie die durch Selbst­stän­dig­keit und Aus­tausch ge­kenn­zeich­ne­te Ar­beits­wei­se des Fa­ches, zum Bei­spiel in Pro­jekt- und En­sem­ble­ar­beit. Da­bei wird das Ver­ständ­nis von Han­deln in Rol­len und (Selbst‑)Ins­ze­nie­run­gen als All­tags­pra­xis ge­för­dert. Auf die­ser Ba­sis wird ein wei­ter­füh­ren­des In­ter­es­se am Thea­ter im en­ge­ren Sin­ne und an sei­ner kul­tu­rel­len Be­deu­tung ge­schaf­fen und es wer­den Per­spek­ti­ven zur kom­pe­ten­ten und ak­ti­ven Teil­nah­me am kul­tu­rel­len Le­ben auch au­ßer­halb der Schu­le er­öff­net. Die Schü­le­rin­nen und Schü­ler wer­den im Sin­ne der Leit­per­spek­ti­ven des Bil­dungs­plans zur An­nah­me und zur er­folg­rei­chen Be­wäl­ti­gung in­di­vi­du­el­ler und ge­sell­schaft­li­cher Her­aus­for­de­run­gen be­fä­higt.

Bei­trag des Fa­ches zu den Leit­per­spek­ti­ven

In wel­cher Wei­se das Fach Li­te­ra­tur und Thea­ter ei­nen Bei­trag zu den Leit­per­spek­ti­ven leis­tet, wird im Fol­gen­den dar­ge­stellt:

  • Bil­dung für nach­hal­ti­ge Ent­wick­lung (BNE)
    In der Ar­beit an ei­ner ei­ge­nen Ins­ze­nie­rung er­le­ben die Schü­le­rin­nen und Schü­ler ex­em­pla­risch Wech­sel­wir­kun­gen un­ter­schied­li­cher As­pek­te und Ebe­nen ih­res Han­delns. Sie er­ken­nen die Be­deu­tung sys­te­mi­schen Den­kens und ge­win­nen Ein­sich­ten in psy­cho­lo­gisch-kom­mu­ni­ka­ti­ve Ge­setz­mä­ßig­kei­ten. Nach Er­kennt­nis­sen der Lern­psy­cho­lo­gie tra­gen thea­ter­päd­ago­gi­sche Ver­fah­ren durch die Be­tei­li­gung phy­si­scher, ko­gni­ti­ver und emo­tio­na­ler Ak­ti­vi­tät stark zum lang­fris­ti­gen Er­folg von Lern­pro­zes­sen bei. Die Ar­beits­wei­sen des Fa­ches för­dern die Aus­ein­an­der­set­zung der Schü­le­rin­nen und Schü­ler mit sich selbst und die Fä­hig­keit zur Ein­füh­lung in Le­bens­la­gen und Per­spek­ti­ven an­de­rer Men­schen und zei­gen zu­gleich in der En­sem­ble­ar­beit den Wert von Teil­ha­be, Mit­wir­kung, Mit­be­stim­mung und kon­struk­ti­ver Kon­flikt­lö­sung, Die Schü­le­rin­nen und Schü­ler er­wer­ben viel­fäl­ti­ge so­zia­le und de­mo­kra­ti­sche Kom­pe­ten­zen. Die Be­reit­schaft zu En­ga­ge­ment wird ge­stärkt.
  • Bil­dung für To­le­ranz und Ak­zep­tanz von Viel­falt (BTV)
    Thea­ter be­deu­tet Aus­ein­an­der­set­zung mit ei­ge­nen und frem­den Hal­tun­gen, Maß­stä­ben und Ar­beits­wei­sen. Wer ei­ne Rol­le, aus der Li­te­ra­tur oder frei ge­schaf­fen, auf der Büh­ne über­nimmt, ei­ne an­de­re Per­son spielt, be­fasst sich mit de­ren Iden­ti­tät. Da­bei wird auch das Be­wusst­sein für die ei­ge­ne Iden­ti­tät ge­schärft. Die­ser Ar­beits­pro­zess, in dem sich Per­spek­ti­ven­wech­sel, Selbst­fin­dung und Ak­zep­tanz an­de­rer Le­bens­for­men ver­schrän­ken, ent­wi­ckelt die in­di­vi­du­el­le Fä­hig­keit zur Em­pa­thie wei­ter. Durch das Ver­fas­sen ei­ge­ner li­te­ra­ri­scher Pro­duk­te so­wie durch de­ren kri­ti­sche Re­fle­xi­on in der Grup­pe wer­den die Schü­le­rin­nen und Schü­ler zur wert­schät­zen­den Kom­mu­ni­ka­ti­on be­fä­higt. In der Aus­ein­an­der­set­zung mit der Li­te­ra­tur, aber auch in der Thea­ter­ar­beit kön­nen An­re­gun­gen aus frem­den Kul­tu­ren wert­vol­le Im­pul­se für die ei­ge­ne Krea­ti­vi­tät so­wie für To­le­ranz und Ak­zep­tanz ge­ben. Das Thea­ter­spiel bie­tet, nicht zu­letzt durch die Viel­falt der Thea­ter­for­men, Chan­cen zur Rea­li­sie­rung von In­k­lu­si­on. Über die For­de­rung nach To­le­ranz und Ak­zep­tanz von Viel­falt hin­aus­ge­hend wird die Viel­falt von in­di­vi­du­el­len Be­ga­bun­gen und Be­gren­zun­gen in der Thea­ter­ar­beit in ver­schie­de­ner Hin­sicht als er­wünsch­te Be­rei­che­rung an­ge­se­hen.
  • Prä­ven­ti­on und Ge­sund­heit (PG)
    Im Fach Li­te­ra­tur und Thea­ter ge­stal­ten die Schü­le­rin­nen und Schü­ler mit Spra­che, Kör­per und Emo­tio­nen Fi­gu­ren und Si­tua­tio­nen. Sie er­le­ben in der En­sem­ble­ar­beit Selbst­wirk­sam­keit und ent­wi­ckeln in der so­zia­len In­ter­ak­ti­on und in der ziel­ge­rich­te­ten Um­set­zung ei­ge­ner künst­le­ri­scher Vor­stel­lun­gen ne­ben ih­rem Selbst­be­wusst­sein und ih­rer Kri­tik­fä­hig­keit auch ih­re Fä­hig­kei­ten der Selbst­re­gu­la­ti­on. Da­bei spie­len auch Ele­men­te wie Span­nung und Ent­span­nung, Wahr­neh­mung, At­mung, Kör­per- und Stimm­schu­lung ei­ne wich­ti­ge Rol­le. Im En­sem­ble ist wert­schät­zen­des Kom­mu­ni­zie­ren und Han­deln un­ab­ding­bar für das Ge­lin­gen ei­ner Auf­füh­rung, es ent­ste­hen be­last­ba­re Be­zie­hun­gen. Thea­ter­ar­beit ist so­mit ein her­aus­ra­gen­der Ort der Ent­wick­lung exe­ku­ti­ver Funk­tio­nen und ei­ner Rei­he wich­ti­ger Resi­li­enz­fak­to­ren, wes­halb thea­ter­päd­ago­gi­sche Ver­fah­ren auch mit gro­ßer Wirk­sam­keit in Pro­gram­men der Ge­walt- und Sucht­prä­ven­ti­on ein­ge­setzt wer­den.
  • Be­ruf­li­che Ori­en­tie­rung (BO)
    Im Sin­ne der kul­tu­rel­len Bil­dung tra­gen die kon­kre­ten Er­fah­run­gen, die im Un­ter­richt im Fach Li­te­ra­tur und Thea­ter ge­macht wer­den, da­zu bei, das In­ter­es­se am öf­fent­li­chen Kul­tur­le­ben zu we­cken. Die­se Er­fah­run­gen kön­nen als Kri­te­ri­en für ei­ne be­ruf­li­che Ori­en­tie­rung in die­sem wei­ten Be­reich die­nen, der von den im en­ge­ren Sin­ne künst­le­ri­schen Fel­dern wie Schau­spiel, Dra­ma­tur­gie, Re­gie, Büh­nen­bild über hand­werk­lich-tech­ni­sche Auf­ga­ben bis hin zur Thea­ter­päd­ago­gik mit ih­ren wei­ten Ein­satz­be­rei­chen reicht. Dar­über hin­aus ge­win­nen Schü­le­rin­nen und Schü­ler – zum Bei­spiel in der Or­ga­ni­sa­ti­on ei­ner li­te­ra­ri­schen Le­sung oder in der Durch­füh­rung ei­nes Thea­ter­pro­jekts – Er­fah­run­gen bei der Pro­jekt­steue­rung.
  • Me­di­en­bil­dung (MB)
    Wahr­neh­mung und Äs­the­tik der Ju­gend­li­chen sind stark ge­prägt durch mo­der­ne Me­di­en. Auch das zeit­ge­nös­si­sche Thea­ter setzt sich pro­duk­tiv mit den viel­fäl­ti­gen Mög­lich­kei­ten der mo­der­nen Me­di­en aus­ein­an­der und ver­knüpft sie mit den tra­di­tio­nel­len thea­tra­len Mit­teln. Im Fach Li­te­ra­tur und Thea­ter ma­chen die Schü­le­rin­nen und Schü­ler im Thea­ter­spiel die Er­fah­rung, selbst Me­di­um zu sein. Bei der Ins­ze­nie­rungs­ar­beit kann es zu ei­ner pro­duk­ti­ven Aus­ein­an­der­set­zung zwi­schen ver­schie­de­nen äs­the­ti­schen An­sät­zen kom­men und zu ei­ner be­wuss­ten Nut­zung von Me­di­en. Die Schü­le­rin­nen und Schü­ler ent­de­cken das In­ter­net auch als li­te­ra­ri­sche Ex­pe­ri­men­tier­werk­statt. Der Um­gang mit Tex­ten ist dar­über hin­aus in ganz ver­schie­de­nen Zu­sam­men­hän­gen ge­eig­net, für Fra­gen des Ur­he­ber- und des Per­sön­lich­keits­rechts zu sen­si­bi­li­sie­ren.
  • Ver­brau­cher­bil­dung (VB)
    Im Fach Li­te­ra­tur und Thea­ter liegt der Schwer­punkt zu­nächst auf der ei­ge­nen künst­le­ri­schen Tä­tig­keit. Da­bei wird auch die ei­ge­ne äs­the­ti­sche Ur­teils­bil­dung ge­schult, so­dass die Schü­le­rin­nen und Schü­ler zu­neh­mend zu kri­ti­schen und selbst­be­wuss­ten Kon­su­men­ten auch der kul­tu­rel­len An­ge­bo­te wer­den. In Tex­ten und im Thea­ter­spiel kön­nen die Schü­le­rin­nen und Schü­ler ih­re ei­ge­nen Be­dürf­nis­se re­flek­tie­ren wie auch As­pek­te der Le­bens­füh­rung und des Kon­sums ex­pli­zit zum Ge­gen­stand der künst­le­ri­schen Aus­ein­an­der­set­zung ma­chen. Dies schärft zu­gleich die Fä­hig­keit zum kri­ti­schen Um­gang mit kul­tu­rel­len An­ge­bo­ten.

1.2 Kom­pe­ten­zen

Das Fach Li­te­ra­tur und Thea­ter ord­net sich als gym­na­sia­les Fach aus dem Wahl­be­reich der Kurs­stu­fe in das sprach­lich-li­te­ra­risch-künst­le­ri­sche Auf­ga­ben­feld ein. Es ver­mit­telt den Schü­le­rin­nen und Schü­lern ei­ne grund­le­gen­de Bil­dung im pro­duk­ti­v-äs­the­ti­schen Um­gang mit Li­te­ra­tur so­wie in den Dar­stel­len­den Küns­ten, ver­bin­det die re­zep­ti­ve und pro­duk­ti­ve Be­schäf­ti­gung mit Li­te­ra­tur mit der Thea­ter­ar­beit, greift Im­pul­se aus den an­de­ren künst­le­ri­schen Fä­chern, aus den Spra­chen und den Ge­sell­schafts­wis­sen­schaf­ten auf und nutzt die Mög­lich­kei­ten tra­di­tio­nel­ler Ins­ze­nie­rungs­tech­nik eben­so wie mo­der­ne Szeno­gra­fie und Me­di­en. Das Fach ori­en­tiert sich am Thea­ter als wich­ti­gem Teil des öf­fent­li­chen Kul­tur­le­bens und setzt sich da­bei auch mit neue­ren Ent­wick­lun­gen und dem Thea­ter an­de­rer Kul­tu­ren aus­ein­an­der.

Ziel des Fa­ches ist vor al­lem der Er­werb ei­ner thea­ter­äs­the­ti­schen und per­for­ma­ti­vi­täts­ori­en­tier­ten Hand­lungs­kom­pe­tenz. Dar­über hin­aus er­wei­tern die Schü­le­rin­nen und Schü­ler im Fach Li­te­ra­tur und Thea­ter ihr Re­per­toire im Um­gang mit Li­te­ra­tur, zum Bei­spiel bei der Ana­ly­se von Sprech­ak­ten und bei der Cha­rak­te­ri­sie­rung von Fi­gu­ren. Grund­le­gend ist die li­te­ra­ri­sche Re­zep­ti­ons- und Pro­duk­ti­ons­kom­pe­tenz.

Die thea­ter­äs­the­ti­sche Hand­lungs­kom­pe­tenz um­fasst „sol­che auf die In­hal­te des Fa­ches be­zo­ge­nen Fä­hig­kei­ten und Fer­tig­kei­ten, die zur Lö­sung und Re­fle­xi­on kom­ple­xer Ge­stal­tungs­auf­ga­ben an­ge­wen­det wer­den, da­bei man­nig­fal­ti­ge kom­mu­ni­ka­ti­ve Pro­zes­se in Gang set­zen und so ei­ne Teil­ha­be am kul­tu­rel­len Le­ben der Ge­sell­schaft er­mög­li­chen“ (EPA im Fach Dar­stel­len­des Spiel, Be­schluss der Kul­tus­mi­nis­ter­kon­fe­renz vom 16.11.2006, S. 6). Der Er­werb thea­ter­äs­the­ti­scher Grund­la­gen, das heißt auf Per­for­ma­ti­vi­tät be­zo­ge­ner Grund­kennt­nis­se und Grund­fer­tig­kei­ten, ist Vor­aus­set­zung der für das Fach zen­tra­len Kom­pe­tenz, näm­lich der Kom­pe­tenz zur thea­ter­äs­the­ti­schen Ge­stal­tung. Schau­spie­le­ri­sche, dra­ma­tur­gi­sche, szeno­gra­fi­sche und in­sze­na­to­ri­sche Fä­hig­kei­ten sol­len er­wor­ben und an­ge­wen­det wer­den. Dar­in ist auch der auf die sze­ni­sche Ar­beit ge­rich­te­te Um­gang mit li­te­ra­ri­schen und nich­t-li­te­ra­ri­schen Tex­ten ein­ge­schlos­sen. In der Re­fle­xi­on über die ei­ge­ne Ar­beit und durch die Be­schäf­ti­gung mit As­pek­ten aus Ge­schich­te und Theo­rie des Thea­ters und des Per­for­ma­ti­ven wird die Fä­hig­keit zu fach­lich fun­dier­ter thea­ter­äs­the­ti­scher Kom­mu­ni­ka­ti­on er­wor­ben. Ei­ne wich­ti­ge Rol­le spielt da­bei der As­pekt der so­zio­kul­tu­rel­len Par­ti­zi­pa­ti­on auch über die Schu­le hin­aus: Die Kom­pe­ten­zen, die ins­be­son­de­re durch die ei­ge­ne prak­ti­sche Er­fah­rung mit Thea­ter ge­won­nen wer­den, be­fä­hi­gen und er­mu­ti­gen die Schü­le­rin­nen und Schü­ler, als kri­ti­sche und kom­pe­ten­te Thea­ter­be­su­cher am kul­tu­rel­len Le­ben teil­zu­neh­men. Die so all­ge­mein be­schrie­be­nen Kom­pe­ten­zen wer­den in den ein­zel­nen Ge­stal­tungs­fel­dern so­wohl der thea­ter­prak­ti­schen Ar­beit als auch in der re­flek­tie­ren­den Ar­beit kon­kre­ti­siert.

Die Ar­beits­wei­sen des Fa­ches Li­te­ra­tur und Thea­ter för­dern über die rei­ne Fach­lich­keit hin­aus Schlüs­sel­qua­li­fi­ka­tio­nen und ei­ne ganz­heit­li­che Per­sön­lich­keits­bil­dung. In der le­ben­di­gen Thea­ter­er­fah­rung und in der Aus­ein­an­der­set­zung mit ihr wer­den der ei­ge­ne Aus­druck und die äs­the­ti­sche Hand­lungs­kom­pe­tenz so­wie durch die Er­pro­bung thea­tra­ler Ge­stal­tungs­mög­lich­kei­ten Fä­hig­kei­ten ge­schult, die nicht nur für die En­sem­ble­ar­beit, son­dern auch für die de­mo­kra­ti­sche Teil­ha­be am ge­sell­schaft­li­chen Le­ben un­ab­ding­bar sind. Das pro­jekt- und hand­lungs­ori­en­tier­te Vor­ge­hen för­dert Pro­blem­lö­sungs­kom­pe­tenz, Kon­zen­tra­ti­ons­fä­hig­keit, Ver­mitt­lungs­kom­pe­tenz, ge­gen­sei­ti­ge Rück­sicht­nah­me, Kri­tik­fä­hig­keit und so­zia­le In­tel­li­genz. Team­fä­hig­keit und Ko­ope­ra­ti­ons­be­reit­schaft sind grund­le­gen­de Vor­aus­set­zun­gen für die künst­le­ri­sche Ar­beit. Die Fä­hig­keit zur Ein­füh­lung in rea­le Men­schen und fik­tio­na­le Fi­gu­ren wird eben­so ent­wi­ckelt wie die Fä­hig­keit zur Selbst­wahr­neh­mung der ei­ge­nen Mög­lich­kei­ten und der Stel­lung im En­sem­ble. Im Um­gang mit Tex­ten und im Aus­pro­bie­ren ver­schie­de­ner Zu­gän­ge und Ge­stal­tungs­mög­lich­kei­ten wer­den die Sprach- und Sprech­kom­pe­tenz so­wie die Schreib­kom­pe­tenz er­wei­tert. In der thea­ter­prak­ti­schen Ar­beit wer­den auch tech­ni­sche und hand­werk­li­che Fä­hig­kei­ten ab­ge­ru­fen.

1.3 Di­dak­ti­sche Hin­wei­se

Das wich­tigs­te Me­di­um der Ge­stal­tung im Thea­ter sind stets die Ge­stal­ten­den selbst. Das gilt so­wohl für den Ar­beits­pro­zess als auch für das Ar­beits­er­geb­nis, die Auf­füh­rung. Künst­le­ri­sches Ge­stal­ten im Thea­ter­be­reich schafft ei­ne Kom­mu­ni­ka­ti­ons­ebe­ne, die über die ver­ba­le Ebe­ne hin­aus­geht und häu­fig Sym­bol­cha­rak­ter be­sitzt, Spra­che wird durch an­de­re thea­tra­le Mit­tel er­gänzt, teil­wei­se auch er­setzt. Die­sen Be­son­der­hei­ten muss die Un­ter­richts­ar­beit im Fach Li­te­ra­tur und Thea­ter Rech­nung tra­gen. Im Zen­trum des Un­ter­richts steht die thea­ter­prak­ti­sche Ar­beit.

Of­fe­ne Auf­ga­ben­stel­lun­gen und Ar­beits­wei­sen re­gen die Schü­le­rin­nen und Schü­ler an, im prak­ti­schen Tun ver­schie­de­ne Aus­drucks­mög­lich­kei­ten zu er­pro­ben und sich mit an­de­ren ver­bal und non­ver­bal han­delnd aus­ein­an­der­zu­set­zen. Dies führt zu ei­ner zu­neh­men­den Ver­traut­heit mit thea­ter­spe­zi­fi­schen Ver­fah­ren, Ver­mitt­lungs- und Hand­lungs­for­men. Durch die Ein­stu­die­rung ge­sell­schaft­lich re­le­van­ter Ver­hal­tens­wei­sen wird die Aus­ein­an­der­set­zung mit so­zia­len Prak­ti­ken und per­for­ma­ti­ven Stra­te­gi­en ge­sucht.

Die un­ten auf­ge­führ­ten in­halts­be­zo­ge­nen Kom­pe­ten­zen sind sys­te­ma­tisch an­ge­ord­net und ori­en­tie­ren sich an Ar­beits­fel­dern des Thea­ters. Die Sys­te­ma­tik ent­spricht da­bei nicht ei­nem cur­ri­cu­la­ren Ver­lauf. Viel­mehr wer­den im Sin­ne der Hand­lungs­ori­en­tie­rung von An­fang an As­pek­te aus den ver­schie­de­nen Ge­stal­tungs­fel­dern gleich­zei­tig zur An­wen­dung kom­men müs­sen, um zum Bei­spiel ei­ne Sze­ne zu ge­stal­ten. Mit dem Fort­schrei­ten des Lern­pro­zes­ses kann ei­ne zu­neh­men­de An­zahl der un­ter­schied­li­chen in­halts­be­zo­ge­nen Kom­pe­ten­zen ein­ge­setzt wer­den. Kom­pe­ten­zen aus den Be­rei­chen Thea­ter­theo­rie und Thea­ter­ge­schich­te wer­den mit prak­ti­scher Thea­ter­ar­beit ver­knüpft.

Grund­vor­aus­set­zung für ei­ne er­folg­rei­che En­sem­ble­ar­beit ist die Fä­hig­keit zur Wahr­neh­mung. In der Im­pro­vi­sa­ti­on als grund­le­gen­der Me­tho­de der Thea­ter­ar­beit ist die Fä­hig­keit, Im­pul­se al­ler Art auf­zu­neh­men, von zen­tra­ler Be­deu­tung. Spiel­im­pul­se von Mit­spie­lern müs­sen eben­so wahr­ge­nom­men wer­den wie die Wir­kung des ei­ge­nen Tuns auf die Mit­spie­ler. Dies er­for­dert Of­fen­heit und Sen­si­bi­li­tät.

Ne­ben der thea­ter­prak­ti­schen Ar­beit ist die Re­fle­xi­on durch­gän­gig ein be­glei­ten­des Ar­beits­prin­zip. Schon der Le­se­pro­zess ei­ner Text­vor­la­ge er­for­dert ei­ne Ver­ste­hens­leis­tung, dra­ma­tur­gi­sche Ar­beit und Ins­ze­nie­rungs­ar­beit sind in den meis­ten Fäl­len auf ei­nen Text rück­be­zo­gen. Die fer­ti­ge Ins­ze­nie­rung ist auch am Text und an dem Deu­tungs­spiel­raum, den er er­öff­net, zu mes­sen. Die Schü­le­rin­nen und Schü­ler ma­chen in der Rol­le des Spie­lers und in der Rol­le des Zu­schau­ers bei der Kurs­ar­beit glei­cher­ma­ßen wert­vol­le Er­fah­run­gen. Sie er­le­ben das Agie­ren auf der Büh­ne und das ana­ly­ti­sche Zu­schau­en als kom­ple­men­tä­re Lern­pro­zes­se und kön­nen auf die­ser Grund­la­ge kri­ti­sches Feed­back in ei­ner an­ge­mes­se­nen Fach­spra­che leis­ten.

Thea­ter zielt in ers­ter Li­nie auf ei­ne Auf­füh­rung. Dies gilt im Sin­ne von Pro­duk­ti­ons­ori­en­tie­rung auch für das Fach Li­te­ra­tur und Thea­ter. In klei­ne­ren oder grö­ße­ren Pro­jek­ten wer­den Prä­sen­ta­tio­nen vor­be­rei­tet. Die­se kön­nen vom in­ter­nen Vor­spie­len ei­ner er­ar­bei­te­ten Sze­ne bis hin zur öf­fent­li­chen Auf­füh­rung des Kur­ses rei­chen.


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